Fischer Kagel vom Arendsee Fischer Kagel vom Arendsee: "Zuwachs Zuwachs Zuwachs - wenn ich das schon höre!"
Arendsee - Möglichst viel in den Netzen zu haben, ist Fischer Kagel nicht wichtig. „Du brauchst nur so viel, wie du auch absetzen kannst“, sagt der 73-Jährige. Und das stellt sich immer erst am Abend heraus, wenn sein Fischverkauf direkt am Arendsee zumacht. „Mit dem, was du in der Kasse hast, musst du zufrieden sein.“ Seit 45 Jahren bewirtschaftet Wilfried Kagel den insgesamt 550 Hektar großen Arendsee im Norden Sachsen-Anhalts. Aus seinen Ansichten macht der resolute Senior keinen Hehl: „Zuwachs, Zuwachs, Zuwachs - wenn ich das schon höre!“
Noch mit der Wathose über der Jeans und der Schiffermütze auf dem Kopf begrüßt Kagel die ersten Gäste des Tages in seinem Gartenlokal. Er scheint grundsätzlich zu duzen. Auf rustikalen Bänken verspeisen die Senioren geräucherten Fisch und Kartoffelsalat. Es wird viel gelacht. Wenige Meter weiter öffnet Kagels Sohn Thomas gerade einen alten Räucherofen. Er duckt sich vor einer dicken Rauchwolke. Nach und nach werden die Kleinen Maränen sichtbar, goldgelb geräuchert. Die nächsten Zuschauer nahen.
Touristen sind Hauptkundschaft
„Unser Trumpf ist, dass wir jeden Tag räuchern“, sagt Kagel. Und: Dass der Rad- und Wanderweg, der etwa neun Kilometer um den Arendsee führt, direkt das Grundstück der Familie schneidet. An Kagels Gartenzaun lehnen diverse Fahrräder von Gästen. Die Autokennzeichen zeigen, dass es vor allem Tagesgäste sind, die hier Fisch verspeisen. Ein paar einheimische Kunden hat der Fischer zwar, aber die Touristen sind seine Hauptkundschaft. Egal wo, das gehe allen so, sagt Kagel, der in fünfter Generation Fischer ist. „Die Tiefkühltruhen in den Supermärkten sind voller Fisch in allen Variationen, die du dir denken kannst.“
Fischereiberaterin Birgit Kaesebier vom Landesfischereiverband Sachsen-Anhalt sagt über Kagel: „Kein Fischer in Sachsen-Anhalt hat so viel Publikum wie er.“ Die vielen Touristen schauten gern in seinen Räucherofen. Das Besondere sei die Kleine Maräne, die Kagel fische. „Die gibt es fast nur im Arendsee“, sagt Kaesebier. Dafür, dass die Kleinen Maränen hier schwimmen, sorgt Kagel selbst. Im Winter setzt er rund drei Millionen Tiere ein. Wie viele er dann tatsächlich fischt, sagt er nicht. Auch nicht, wie viel er verdient.
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Fischer Kagel kennt den Arendsee so gut wie kaum ein anderer. Über die Wasserqualität wird seit vielen Jahren debattiert. Experten sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der Arendsee zu viel Phosphor enthält und saniert werden muss. Im Jahr 2012 hatte er den bisher niedrigsten Sauerstoffgehalt. Algen vermehren sich - das ist nicht eben förderlich für den Tourismus, auf den die Region setzt. Der Arendsee ist ein beliebtes Badegewässer und Revier für Hobbytaucher.
Fischer Kagel steht auf dem Bootssteg umgeben von Schilf und blickt ins klare Wasser. Einen Meter kann er bis auf den Grund schauen. Anderswo wären sie froh, wenn sie so ein Trinkwasser hätten, sagt er. Er habe den See Mitte, Ende der 1980er Jahre in einem deutlich schlechteren Zustand erlebt. Dieses Jahr habe es nicht einmal eine Algenblüte gegeben.
„Für hervorragende Leistungen im soz. Wettbewerb 1989“
Kagel, der ursprünglich aus Werder an der Havel stammt, jedenfalls ist gern selbstständig und legt großen Wert darauf - das kennt er aus den vorherigen Generationen nicht anders. Zu DDR-Zeiten war er im VEB Binnenfischerei Potsdam beschäftigt und kam 1969 an den Arendsee. An der Tür seines Ladens hängt noch eine Plakette „Für hervorragende Leistungen im soz. Wettbewerb 1989“. Direkt nach der Wende stellte er einen Antrag auf Privatisierung, seit Mai 1992 hat er seinen eigenen Betrieb. Mit seinen 73 Jahren fährt er noch immer täglich selbst auf den See und kümmert sich um Netze und Reusen. „Ich mache das so lang, wie mir das Spaß macht“, sagt Kagel, der zwei Kinder und drei Enkel hat.
Wilfried Kagels Sohn Thomas führt die Tradition der Fischer nicht fort. Er ist Bau- und Möbeltischler geworden, seine Schwester ist Friseurin. Seit 1997 aber hilft er im elterlichen Betrieb mit. Auf die Frage, wie es weiter gehe, sagt Kagel: „Das wird sich schon regeln.“ Was genau das heißt, verrät auch Sohn Thomas nicht. (dpa)