Extra Extra: Anklage gegen Richter wegen Rechtsbeugung erhoben
Halle/MZ. - Seit fast sieben Jahren möchte Kazim Görgülü nur eins: seinem bei Pflegeeltern in Sachsen-Anhalt lebenden Sohn Christopher ein richtiger Vater sein. Doch im endlosen Streit um das Sorge- und Umgangsrecht für sein Kind scheiterte Görgülü stets an einer Instanz: dem 14. Senat am Oberlandesgericht (OLG) Naumburg (die MZ berichtete). Er verwehrte dem im sächsischen Krostitz wohnenden Türken, was ihm das Amtsgericht Wittenberg, der Europäische Menschenrechtsgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht schon längst zugesprochen hatte: sein Elternrecht.
Bis fünf Jahre Haft
Dafür müssen sich nun die Richter Dieter D., Michael K. und Georg M. wahrscheinlich selbst vor Gericht verantworten. Denn die Generalstaatsanwaltschaft Sachsen-Anhalts hat sie jetzt beim Landgericht Halle wegen Rechtsbeugung verklagt. Auslöser war eine anonyme Anzeige, der sich Görgülü angeschlossen hatte. Von Rechtsbeugung ist die Rede, wenn ein schwerwiegender und vorsätzlicher Verstoß gegen die Rechtsordnung vorliegt. Bei einer Verurteilung drohen ein bis fünf Jahre Haft. "Die Anklage ist bei uns eingegangen und wird den Beschuldigten zur Stellungnahme zugestellt", bestätigte eine Sprecherin des Landgerichtes Halle. Danach entscheide das Gericht, ob die Anklage zugelassen wird. "Es ist daher offen, wann ein Prozess beginnen kann", sagte sie. Da sich die Anklage auf ein nichtöffentliches Familienverfahren beziehe, wollte das OLG Naumburg "inhaltlich nicht Stellung dazu beziehen". Das OLG vertraue aber darauf, "dass die erhobenen Vorwürfe in einem rechtsstaatlichen Verfahren geprüft werden", hieß es in einer Pressemitteilung.
"Ich freue mich, dass nun endlich etwas passiert", sagte Görgülü, dessen Sohn ohne sein Wissen von seiner einstigen Lebensgefährtin kurz nach der Geburt zur Adoption freigegeben worden war. Hintergrund der Anzeige ist ein Urteil des Amtsgerichts Wittenberg vom 19. März 2004, das dem Bauunternehmer Görgülü das Sorgerecht zugesprochen hatte. Dagegen hatten unter anderem die Pflegeeltern und das Jugendamt Wittenberg Beschwerde eingelegt und schließlich von den drei Richtern Recht bekommen. Das Bundesverfassungsgericht hatte dieses Urteil jedoch außer Kraft gesetzt, was die OLG-Richter ignorierten. Das Bundesverfassungsgericht wertete das als Richterwillkür.
"Verfahren verschleppt"
Derzeit befasst sich ein anderer Senat des Oberlandesgerichts mit dem Fall Görgülü. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, sagte ein Sprecher am Donnerstag auf Anfrage. Görgülü nannte es "unerträglich", dass das OLG noch immer nicht geurteilt habe und warf dem Gericht "Verschleppung des Verfahrens" vor.