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Saab-Fan Stefan Rudel Saab-Fan Stefan Rudel: Bitte recht freundlich!

Von Michael Heise 12.05.2019, 08:53
Geballte Saab-Nostalgie: Stefan Rudel mit einem Teil seiner Sammlung.
Geballte Saab-Nostalgie: Stefan Rudel mit einem Teil seiner Sammlung. Torsten Biel

Naumburg - „Ein Auto mit Seele? Setzen Sie sich in ein Massenauto und danach in einen Saab. Dann wissen Sie, was ich meine. Sie erleben ein Phänomen wie das klassische Griechenland: Man muss es mit der Seele suchen. Grieche sucht Griechin, Seele sucht Seele, Individuum sucht Saab.“ Dieses schöne Zitat würde hier nicht stehen, wenn mir Stefan Rudel am Ende des Gesprächs nicht noch zwei Bücher in die Hand gedrückt hätte mit den Worten: „Lies das mal, das macht einem alles klar.“ Gar nicht nötig, aber die Bücher frischen Erinnerungen an selbst Erlebtes mit einem Automobil auf, das schon zu Zeiten, als es noch produziert wurde, Kult war und sich so wohltuend vom Üblichen abhob. Bis die Amerikaner kamen und einen Opel daraus machten. 2011 war dann Schluss im schwedischen Trollhättan.

Doch Saab lebt. Bei unzähligen Fans überall auf der Welt, als fahrbarer Untersatz für Schauspieler, in einer lebendigen Community - und bei Stefan Rudel. Der Naumburger ist ein Überzeugungstäter in Sachen Saab. „Das Auto ist gebaut worden von freundlichen Menschen für freundliche Menschen. Es hat ein friedliches Gesicht und nimmt sich im Auftritt zurück“, feuert der Naumburger seine Leidenschaft aus allen Rohren. Und, dass es im positiven Sinne überkonstruiert und damit für ein langes Leben gebaut ist. Tachostand 500000? Na und! „Diese Saabs laufen, es sei denn, es gibt Probleme, die absehbar waren.“

Doch wie kommt ein gerade mal 27-Jähriger ausgerechnet zu Old- beziehungsweise Youngtimern und dann noch zu Saab? „Die Autos haben mir schon immer gefallen. Den entscheidenden Auslöser aber gab’s 2010, als General Motors verkündete, die Produktion von Saab einzustellen. Da wollte ich einer sein, der die Marke am Leben hält.“ Und dann folgte 2013 die USA, wo Rudel ein soziales Projekt bekleidete. „In einem Saab-Internet-Forum hatte ich von meinem Aufenthalt geschrieben, da kam eine Anfrage von einem Deutschen, ob ich nicht seinen gerade in Amerika gekauften Wagen zur Fähre bringen könnte. Ich hab’s gemacht.“ Ziemlich verrückt, aber auch so, wie Saab-Fans laut Rudel sind: Spleenig und doch sehr entspannt und geerdet.

Der Naumburger hat später die eher zufällige USA-Nummer - auf www.saab-cars.de sind umfangreiche, tagebuchgleiche Einträge zu finden - zur Berufung gemacht und in Deutschland ein Unternehmen für Transportdienstleistungen angemeldet und kutschiert heute - zusammen mit seinen beiden Brüdern - im Kundenauftrag Saab von Nord nach Süd, von der Oder bis zum Rhein und umgekehrt - kurzum: querbeet durch die Bundesrepublik. Das Schönste dabei: „Ich habe die großartige Möglichkeit, die Autos, die ich liebe, fahren zu dürfen. Jedes anders, jedes individuell“, beschreibt Stefan Rudel.

Und selbstredend sammelt er seine Lieblinge - unweit von Weimar in einer Halle, in der aktuell rund 30 Fahrzeuge stehen. Nicht alle fahrbereit, viele als Ersatzteilspender. Und auch in Naumburg stehen ein paar Schweden-Pkw, vor allem auf dem Firmenparkplatz von Jörg Bönisch am Salztor. „Ich bin froh, dass Jörg ein Faible für alte Autos hat und mir Platz gibt. Das ist nicht selbstverständlich“, meint Rudel, der auch die Kehrseite kennt, wenn einige seiner Sammlerstücke Parkflächen in Straßen blockieren. Da habe es schon mahnende Worte von Nachbarn gegeben, die er sich aber zu Herzen nehme. Stefan Rudel: „Die Situation wird sich entspannen. Die Zeichen stehen gut, dass ich bald eine Halle in der Umgebung von Naumburg anmiete, da erledigt sich für mich auch die Fahrerei nach Weimar.“ Und für die Halle gibt es Pläne. Während Rudel aktuell mal den ein oder anderen Saab aus seiner Sammlung oder Ersatzteile veräußert, könnte dort eine Werkstatt unterkommen, die er zusammen mit seinen Brüdern, die beide im Kfz-Bereich lernen, betreiben will.

Doch das ist noch Zukunftsmusik. Aktuell hält es Stefan Rudel eher saab-typisch gelassen und reagiert auf das, was der Tag so bringt. Einen Transport von Kiel in den Schwarzwald vielleicht, Gespräche mit Interessenten für eines seiner Fahrzeuge - oder die Teilnahme an einer Oldtimer-Ausfahrt. So wie am heutigen Sonnabend zur zweiten Naumburger Classic-Rallye. Erneut ist Rudel dabei, diesmal mit einem Freund und seinen beiden Brüdern und einem zweiten Fahrzeug. „Damit die Saab-Quote stimmt“, flachst er.

Oder es wird ein Auftrag für einen Film angenommen. Ja, Film. Stefan Rudel hat schon für einige Streifen einen Saab zur Verfügung gestellt, zuletzt für einen an der Uni Babelsberg gedrehten Kurzfilm, der im Herbst im MDR-Fernsehen läuft. Dafür aufgehübscht hat er einen 900er Sedan, Baujahr 1990, der vom Hauptdarsteller gefahren wird. Warum viele Filmemacher gerade einen Saab wollen, ist für Rudel bei alledem klar: „Das Fahrzeug hält sich dezent zurück, der Schauspieler steht im Vordergrund. Bei einem BMW beispielsweise wäre es umgedreht.“

Das eingangs aufgeführte Zitat stammt übrigens von Motorjournalist Rolf Bleeker aus dessen Buch „The Spirit of Saab - mehr als ein Auto“, erschienen im Jahr 1992. Eine Liebeserklärung an ein besonderes Automobil und beinahe so etwas wie die Bibel für Saab-Fans. Und Pflicht ist auch das zweite Buch aus Stefan Rudels Lektüre-Sammlung namens „Form Funktion“ von 1995. Hier kommt die New York Times über Saab zu Wort. „Es sind diese Erinnerungen an eine Vergangenheit, die schon damals ihrer Zeit voraus war.“ Auch schön.