Lazarus-Haus Bad Kösen Lazarus-Haus Bad Kösen: Das etwas andere Konzept

Bad Kösen - Richard Kühn ist die Zufriedenheit anzumerken - er ist schließlich das Geburtstagskind: 77 Jahre ist der Senior geworden. Dass seine Frau sowie sein Onkel mit Lebensgefährtin an seinem Ehrentag im Lazarus-Haus in Bad Kösen vorbeischauen, Blumen und Geschenke bringen, freut den ehemaligen Kraftfahrer, der seit drei Jahren im Pflegeheim lebt. Seine Frau sah keine andere Möglichkeit, als ihn dort unterzubringen: Ihr Mann ist an Demenz erkrankt.
Doch in Bad Kösen geht man mit dieser Krankheit anders um, als in den meisten anderen Heimen, berichtet Leiter Peter Ehrlich. Es bestehen zwei gesonderte Wohngruppen, in denen ausschließlich 17 Bewohner leben, die an Demenz erkrankt sind, erzählt der Einrichtungsleiter des Lazarus-Hauses, in dem insgesamt 75 Beschäftigte arbeiten. „Dass wir vor zehn Jahren diesen Weg eingeschlagen haben, bereuen wir nicht eine Minute. Im Gegenteil, es hat sich bewährt“, sagt Ehrlich. Nur wenige Einrichtungen in Sachsen-Anhalt würden so eine Form der Betreuung vorweisen.
Dass sich das Personal sowie die Leitung des Lazarus-Hauses, das seit dem 1. Oktober 2012 zur Hoffnungstaler Stiftung Lobetal gehört, zu diesem Schritt mit der Wohngruppe entschlossen, hatte einen plausiblen Grund: Immer mal wieder gab es „Zündstoff“, weil sich Demenzerkrankte vom Mittagsteller ihrer Mitbewohner „bedienten“. Oder: Sie vergaßen, in welchem Zimmer sie leben und legten sich einfach in deren Bett. „Es besteht ein anderer Betreuungsschlüssel in den beiden Wohngruppen, wir haben mehr Personal eingesetzt, um uns noch intensiver um diese Menschen zu kümmern“, erklärt Peter Ehrlich. Positiv sei außerdem, dass man in der Wohngruppe eindeutig einen besseren Überblick habe, wo sich jeder Einzelne gerade befindet. „Zudem passen die Angehörigen aller Demenzerkrankten mit auf, wenn sie zu Besuch sind“, sagt Peter Ehrlich. 300 Euro zahlen die Angehörigen mehr an Kosten. Da das Lazarus-Haus nach eigenen Angaben mit die geringsten Kosten im Vergleich zu anderem Pflegeheimen im Burgenlandkreis vorzuweisen habe, „bleibt alles im bezahlbaren Bereich“, so Peter Ehrlich. „Wir könnten noch mehr als die 17 Plätze gebrauchen, sind aber gegenwärtig ausgebucht“, so der Einrichtungsleiter. „Die Angehörigen sagen uns, dass es ihnen das wert ist, mehr zu zahlen.“ Selbstverständlich werde niemand zu diesem Schritt gezwungen, es sei freiwillig, in diese Wohngruppe zu wechseln. Doch die Nachfragen der Angehörigen zeige, dass die Plätze im Haus begehrt sind. Zwei Senioren stehen derzeit auf der Warteliste. Dass es nicht ganz preiswert war, diese beiden Wohnbereiche aus dem Boden zu stampfen, verhehlt der Einrichtungsleiter ganz und gar nicht - rund 100 000 Euro mussten aufgewendet werden, um am Ende alles hinzubekommen. Mit eingeflossen sind Mittel der Fernsehlotterie „Goldene 1“. Dass das Personal in dieser Gruppe sich intensiv um die Demenzerkrankten kümmert, ist belegbar. Gedächtnistraining steht ganz oben auf der Beschäftigungstherapie. Peter Ehrlich: „Wir haben uns Gegenstände aus dem Haushalt aus früheren Zeiten besorgt und kommen mit ihnen darüber ins Gespräch.“ An dem Tag redete Franziska Sölle beispielsweise über eine Kaffeemühle, gesprochen wurde aber auch über Gegenstände wie Fleischwolf, Milchkanne und Waschbrett. „Das alles kennen sie noch, sie haben es ja einst selbst benutzt. Dadurch regen wir sie zum Erzählen an“, sagt die gelernte Schwester.
Aber nicht nur das - sobald die Witterung es zulässt, können die Bewohner direkt vom Gruppenraum ohne Mühe nach draußen in den „Demenzgarten“ laufen. Angebaut werden dort unter anderem Obst, Gemüse und Kräuter. „Das ernten wir gemeinsam“, berichtet Schwester Kerstin Freitag. Das sei ebenfalls eine gute Möglichkeit, mit den älteren Menschen ins Gespräch zu kommen.
