Gastronomie in der Region Gastronomie in der Region: Radhotel in Freyburg bleibt dicht wegen fehlenden Personals

Naumburg - Der Fachkräftemangel wird in den kommenden Jahren eines der dringendsten Probleme unserer Region bleiben. Jeder, der ohne gute Beziehungen einen Handwerker sucht, weiß ein Lied davon zu singen. Firmen verzichten mangels geeigneter Bewerber schon lange darauf, auszubilden. Schulabgänger, so sie Willens und Könnens sind, haben hingegen freie Auswahl - und entscheiden sich vorzugsweise für Stellen, in denen nicht die halbe Nacht (beispielsweise im Bäckerhandwerk) oder dann gearbeitet wird, wenn andere ihre Freizeit genießen.
Letzteres führt uns in die Gastronomie und zu einem Beispiel, das aufhorchen lässt. Vier Hotels führt der Unternehmer Christian Künzer in Naumburg und Freyburg. Über Ostern war davon aber nur ein einziges geöffnet: die „Alte Schmiede“ am Naumburger Lindenring. Künzer begründet die Maßnahme mit Personalmangel. „Uns fehlen Angestellte. Und die, die wir haben, müssen ihr Minusstundenkonto auffüllen, damit wir mit ihnen über die Saison kommen.“ Das „Stadt Naumburg“ an der Vogelwiese hat er erst in dieser Woche nach der Winterpause wiedereröffnet. Das „Stadt Aachen“ am Markt soll Ende April wieder Gäste beherbergen. Doch hier gibt es ein weiteres Fragezeichen. Künzer: „Ich weiß nicht, wie lange wir den Restaurantbetrieb halten können“. Womöglich werde man das „Aachen“ zum Garni, also zu Beherbergung mit Frühstück, umfunktionieren.
Gänzlich aufgegeben hat Künzer, der einst erfolgreich die Mitteldeutsche Erfrischungsgetränke GmbH in Leißling geführt hatte, den „Alten Speicher“ in Freyburg. Am liebsten will er das im Jahr 2010 frisch sanierte und mit 26 Hotelzimmern ausgestattete Objekt wieder verkaufen. Da sich jedoch kein Interessent findet, überlegt Künzer nun, das Gebäude in eine „komfortable Wohnanlage“ umzubauen.
Doch Schließungen können ja nicht die Lösung der Personalnot im Gastrobereich sein. Für Christian Künzer steht fest: „Wir alle müssen unsere Angestellten besser bezahlen. Und die Gäste müssen es deutlich stärker honorieren, dass jemand am Sonntag für sie kocht und da ist. Auch finanziell“. Der Hotelier hält deshalb Preisverdoppelungen für notwendig. Dafür müsse die Branche zusammenhalten und sich nicht gegenseitig unterbieten.
Eine Preisverdopplung sieht Michael Schmidt, Betreiber der „Henne“ und Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Sachsen-Anhalt (Dehoga), für utopisch an. Grundsätzlich gibt er Künzer aber recht. „Wir bezahlen unser Personal bereits deutlich über Mindestlohn. Da hat es zuletzt eine enorme Erhöhung gegeben. Und die steigenden Kosten müssen Unternehmer natürlich weitergeben.“ Doch Geld sei nicht alles. Die Gesellschaft müsse denen, „die am Wochenende für einen kulinarischen Genuss sorgen, wieder Respekt und Anerkennung zollen“. Zusätzlich seien die Gastronomen gefragt, ihr Personal über Mitarbeitermotivation, flexible Arbeitszeiten und Sondergratifikationen bei der Stange zu halten. Wer das nicht mache, brauche sich nicht wundern, wenn er in Schwierigkeiten gerät.
Der Schrumpfungsprozess im Gaststättengewerbe, so denkt der Dehoga-Präsident, wird auch in den kommenden zehn Jahren anhalten. „Das Angebot wird sich verringern. Gerade jetzt steht ja der Bismarckturm zum Verkauf.“ Um dem entgegenzusteuern, müsse man ausländisches Personal anwerben. Schmidt: „Ohne wird es nicht mehr gehen.“ Er selbst ist zuletzt vier Mal in Vietnam gewesen, um ein Dehoga-Projekt auf den Weg zu bringen und junge Menschen für eine Ausbildung zu gewinnen. „Doch auch diese Menschen haben das Recht auf gute Arbeitsbedingungen und dürfen nicht ausgenutzt werden.“ Schmidt sorgt sich zudem darum, dass Hotels in Sachsen-Anhalt bundesweit die niedrigsten Hotelpreise verlangen. „Das geht nur, weil einige Häuser auf Verschleiß gefahren werden.“
Ganz sicher nicht dazu gehört der Anfang 2017 eröffnete „Gasthof Zufriedenheit“ im Naumburger Steinweg. Dort ist man mit der Kundenresonanz grundsätzlich zufrieden, auch wenn man sich die Hotelauslastung etwas besser erhofft hatte, wie Britta Scheffel, verantwortlich für Marketing und Sales, zugibt. „Dafür ist unser Restaurant extrem gut besucht.“ Gespannt ist man allerorts auf die Folgen des erhofften Welterbe-Titels. Auch wenn Michael Schmidt eine daraus folgende deutliche Steigerung der Gästezahlen erst für 2019 annimmt.