Bewaffneter Drogenhandel Bewaffneter Drogenhandel : Naumburger soll für über sechs Jahre hinter Gitter

Halle/Naumburg - Mit dem mehrmaligen Verweis auf die „jugendliche Blödheit“ seines Mandanten versuchte am Donnerstag im Landgericht Halle ein Verteidiger, den Kopf des Angeklagten so weit wie möglich aus der Schlinge zu ziehen. Doch vergebens. Für die 16. Große Strafkammer stand letztlich fest, dass der 24-jährige Naumburger in seiner Heimatstadt bewaffnet mit Drogen in nicht geringer Menge - speziell Marihuana - gehandelt hat. Sechseinhalb Jahre Haft seien eine angemessene Strafe, befand die Kammer, wobei der selbst drogenabhängige Dealer einige Zeit davon in einer Entzugsanstalt verbringen wird. Außerdem wird sein Besitz um exakt 8.245 Euro, die eingezogen werden, leichter - so viel Geld sollen ihm seine Drogengeschäfte eingebracht haben.
Bis zum Schluss beharrte der Verteidiger nicht nur darauf, dass der Angeklagte einst aus „jugendlicher Blödheit“ heraus gehandelt habe, sondern auch darauf, dass er nicht gedealt, sondern für einen mit Drogen handelnden „illustren Freundeskreis“ lediglich seine Wohnung als Depot zur Verfügung gestellt hätte. Als Gegenleistung habe er sich hin und wieder für den eigenen Drogenkonsum bedienen dürfen. Die hohe Bargeldsumme seien seine Ersparnisse. Am Ende des Monats, wenn alle Fixkosten vom Konto abgegangen waren, habe er den Rest abgehoben und in seine „Sparmütze“ gesteckt, weil er den Geldinstituten nicht vertraue.
Das Geld und die Drogen hatten Polizisten am 4. Mai während einer Wohnungsdurchsuchung gefunden. Im Sofakasten entdeckten sie einen Rucksack, der mit insgesamt über 600 Gramm Marihuana - in Tüten portioniert - gefüllt war. Auf dem Wohnzimmertisch lag zudem ein Faustmesser. Ebenso griffbereit bewahrte der Angeklagte einen Elektroschocker auf, der ein Scherzartikel gewesen sei. Im Schlafzimmer indes stießen die Beamten auf eine Mütze, die mit erwähntem Geldbetrag gefüllt war. Der Mittzwanziger war den Beamten an jenem Tag während einer gezielten Streifenfahrt durch Naumburg aufgefallen. Sie sollten Kontaktpersonen einer syrischen Clan-Familie ausfindig machen. Dabei lief ihnen der Angeklagte über die Straße.
Mit Einhandmesser unterwegs
Die Beamten hätten ihn des Weges ziehen lassen, hätte er nicht ein blaues Auge gehabt und wäre vor ihnen weggelaufen, als sie ihn anhalten wollten. Nachdem sie ihn eingeholt hatten, redete er sich um Kopf und Kragen. Er stehe unter Bewährung und trüge ein Einhandmesser bei sich, das er eben weggeschmissen hatte. Es wurde kurz darauf in einem Busch gefunden samt zwei mit insgesamt 100 Gramm Marihuana gefüllten Tüten. Sofort besorgten sich die Polizisten den Durchsuchungsbefehl für die Wohnung des Mannes.
Der Staatsanwalt indes glaubte kein Wort der aufgetischten Depothaltungsgeschichte - inklusive des „Sparmützen“-Kapitels. Das Geld, war er überzeugt, stammt aus den Drogengeschäften. Immerhin sei der Angeklagte damals arbeitslos gewesen und erhielt wegen einer Sperre keine Unterstützung. Ihm war gekündigt worden, weil er öfter gefehlt und Krankschreibungen gefälscht hatte. Die Skepsis kommt also nicht von Ungefähr. Zu dieser trug auch bei, dass der Angeklagte wegen uneidlicher Falschaussage vorbestraft ist. In einem Strafprozess, dem ein Mitglied besagter Clan-Familie 2018 in Naumburg gemacht worden war, hatte der Angeklagte als Zeuge behauptet, dass ein Polizist das Clan-Mitglied übel beleidigt hätte.
Kein minderschwerer Fall
Für den Staatsanwalt stand fest, dass sich der Angeklagte des bewaffneten Dealens schuldig gemacht hat, wobei er einen minderschweren Fall annahm und folglich für fünf Jahre Haft samt Entzugstherapie plädierte. Damit sei der Mann eigentlich nicht bestraft, meinte er. Dieser Einschätzung liegt folgende Rechnung zugrunde. Nach erfolgreicher Therapie könnte die Halbstrafenregelung greifen, heißt: Zweieinhalb Jahre Haft würden ihm erlassen. Blieben zweieinhalb Jahre, von der die Therapiezeit, der Gutachter empfahl zwei Jahre, abgeht. Die restlichen sechs Monate würden mit der U-Haft, in der er seit Mai sitzt, verrechnet werden. Doch daraus wird nichts, da die Strafkammer nicht vom minderschweren Fall ausgegangen und die Haftstrafe somit länger ist.