Prozess gegen zwei Zahnärzte Betrügerische Zahnärzte vor Gericht: Zwei Zahnmedizinern aus Dessau-Roßlau wird gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen

Halle (Saale) - Weiße Kittel, aber keine weiße Weste? Ein besonders dreister Fall von Abrechnungsbetrug beschäftigt von Dienstag an das Landgericht in Halle. Verhandelt wird gegen zwei Zahnärzte aus Dessau-Roßlau. „Den Angeklagten wird gewerbsmäßiger Betrug in 42 Fällen zur Last gelegt“, so Gerichtssprecher Wolfgang Ehm. Sie sollen über fünfeinhalb Jahre hinweg die Krankenkassen hintergangen haben. Der Schaden liegt bei rund 130.000 Euro.
Zwar ist der Fall in seiner Dimensionen laut Kassenzahnärztlicher Vereinigung (KZV) in Sachsen-Anhalt einzigartig. Allerdings handelt es sich durchaus nicht um einen Einzelfall. Bei der Staatsanwaltschaft in Halle laufen derzeit gleich mehrere Verfahren, in denen Ärzte beschuldigt werden, Leistungen falsch abgerechnet zu haben. Die Behörde hat sogar ein eigenes Dezernat eingerichtet, das sich nur mit diesen Fällen befasst.
Honorar-Forderungen nur stichprobenartig hinterfragt: Zahnärzte rechneten im großen Stil fiktive Leistungen ab
Wie plump Mediziner mitunter betrügen, zeigt das Vorgehen der Ärzte aus Dessau-Roßlau. Nach derzeitigen Erkenntnissen rechneten die Zahnspezialisten im großen Stil fiktive Leistungen ab. Wurde bei einem Patienten in der ersten Praxis zum Beispiel ein Zahn mit einer Füllung versehen, wurde diese Behandlung auch durch die zweite Praxis in Rechnung gestellt. Und das - so die Vermutung - ohne dass in der zweiten Praxis auch eine entsprechende Behandlung stattgefunden hatte. So kassierten die Ärzte das Honorar zweimal.
Den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge wurde dieses Vorgehen erstmals 2006 praktiziert. Aufgefallen war es der KZV, bei der Zahnärzte ihre Leistungen quartalsweise abrechnen, jedoch erst 2011. Damals wurde eine der beiden Praxen einer eingehenderen Prüfung unterzogen. Diese förderte dann die Unregelmäßigkeiten zutage. Die KZV erstattete daraufhin eine Strafanzeige.
Dass der vermeintliche Betrug nicht eher aufflog, liegt auch daran, dass die Honorar-Forderungen von Zahnärzten lange nur stichprobenartig hinterfragt wurde. „Auffälligkeiten bei Abrechnungen können erst seit 2010 flächendeckend durch eine computerbasierte Plausibilitätsprüfung festgestellt werden“, erklärt Torsten Jahnel, der bei der KZV die Rechtsabteilung leitet.
Bei einer Verurteilung droht Freiheitsstrafe und der Entzug der Approbation
Dass der Fall erst sechs Jahre nachdem die Strafanzeige gestellt wurde verhandelt wird, liegt laut Staatsanwaltschaft an den umfangreichen Ermittlungen. Allein die Anklageschrift umfasse 135 Seiten. Die beiden Angeklagten haben sich zu den Vorwürfen bisher nicht geäußert. Allerdings hat einer der Beschuldigten bereits kurz nachdem die Strafanzeige 2011 gestellt wurde seine vertragszahnärztliche Zulassung zurückgegeben. Er ist nur noch privatzahnärztlich tätig, darf also keine Leistungen bei der gesetzlichen Kasse abrechnen.
Der andere Arzt hingegen arbeitet weiterhin mit einer vertragszahnärztlichen Zulassung. „Die können wir erst entziehen, wenn eine rechtskräftige Verurteilung vorliegt“, erklärt Justiziar Jahnel. Sollte es zu einer solchen Verurteilung kommen, würde die KZV einen Entzug auch anstreben. Bis dahin gelte die Unschuldsvermutung.
„Bei einer Verurteilung drohen Strafen von bis zu 15 Jahren“, so Gerichtssprecher Ehm. Jedoch verhängte ein Gericht in Niedersachsen in einem vergleichbaren Fall gegen einen Arzt nur eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Dem Mediziner wurde aber die Approbation entzogen. Seinen Beruf darf er nicht mehr ausüben. (mz)
