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Angst vor der Rache Angst vor der Rache: Zeugen- und Opferschutz reicht nicht aus

Von Petra Buch 12.06.2016, 17:27
Eine Polizistin wartet vor dem Landgericht in Erfurt.
Eine Polizistin wartet vor dem Landgericht in Erfurt. dpa-Zentralbild

Halle/Magdeburg - Der Schutz von Opfern und Zeugen einer Straftat reicht nach Ansicht von Experten bei Weitem nicht aus. Sie fordern mehr Sensibilität im Umgang mit ihnen. Wie eine Umfrage ergab, nutzen immer mehr Betroffene Angebote, um vor, während oder nach einer Gerichtsverhandlung Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies bieten unter anderem der Soziale Dienst der Justiz, die Mobile Opferberatung und der Weisse Ring an. Laut Justizministerium wurden 2015 insgesamt 816 Menschen vom Sozialen Dienst betreut, 2014 waren es 782.

Angst vor der Rache

Vor allem wollen die Menschen wissen: „Wie läuft eine Hauptverhandlung ab, wie erhalte ich dabei und danach Schutz und Sicherheit, kann mich jemand begleiten?“, erklärte Ministeriumssprecher Frank Thiel das Angebot. „Denn die Angst vor Rache ist vor allem bei Opfer-Zeugen sehr verbreitet“, berichtete eine Sprecherin der Mobilen Opferberatung in Halle.

Mitunter treffen Zeugen bereits vor Prozessbeginn vor dem Gerichtsgebäude auf ihre Peiniger. Leider finde auch nicht jeder Richter und Anwalt den richtigen Ton im Umgang mit Zeugen, vor allem mit traumatisierten Menschen. „Dann besteht die sehr große Gefahr, dass Zeugen zum zweiten Mal zum Opfer werden“, sagte sie. Diese Erfahrung macht auch die Opferhilfsorganisation Weisser Ring.

„Deshalb sollten Fortbildungen zum Umgang insbesondere mit traumatisierten Opfern und Zeugen in Deutschland für Richter verpflichtend sein“, forderte die Sprecherin der Mobilen Opferberatung. Einem Richter obliegt die Art und Weise, wie eine Hauptverhandlung geführt wird.

Umgang mit Zeugen ist wichtig

Um die Betreuung von Zeugen und die Beratung von Opfern sowie Angehörigen kümmert sich auch der Soziale Dienst der Justiz. Laut Ministerium sind insgesamt elf Mitarbeiter in sechs Dienststellen tätig. Das Angebot ist kostenlos. Eine Beraterin habe etwa 25 bis 35 Menschen im Monat zu betreuen. „Überwiegend betrifft die Arbeit des Sozialen Dienstes Straftaten wie Körperverletzung, Mord und Totschlag, häusliche Gewalt und Sexualdelikte“, erklärte Thiel.

Schreckliche Erfahrungen

Den Mut zu haben, gegen den mutmaßlichen Täter während einer Hauptverhandlung auszusagen, habe nicht jeder, schilderte die Sprecherin der Mobilen Opferhilfe ihre Erfahrungen. Zudem komme es darauf an, wie mit Zeugen im Gericht umgegangen werde. „Man darf sie nicht als reines Beweismittel sehen, sondern als das, was sie sind, Menschen, die Schreckliches erlebt haben“, sagte sie.

In bestimmten Fällen können Zeugen in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden. Dies sei dann geboten, wenn Leib, Leben, Gesundheit, Freiheit oder wesentliche Vermögenswerte gefährdet sind, erklärte ein Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA). Grundlage dafür ist das Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetz, das die strengen Kriterien für die Aufnahme in ein Programm regelt. Wie viele Menschen dies in Sachsen-Anhalt seit 2010 betraf, sagte der LKA-Sprecher unter Hinweis auf Vertraulichkeit nicht. (mz)