Analyse Analyse: Anwalt kritisiert geplantes Gesetz

Magdeburg/MZ - Der umstrittene Entwurf eines Gaststättengesetzes, das zwar Wirten die Arbeit erleichtern, Vereinen Gastronomieangebote aber erschweren soll, wird heute im Wirtschaftsausschuss des Landtages diskutiert. Für die 16 000 Karnevalisten im Land, organisiert in 190 Vereinen, nimmt der Köthener Rechtsanwalt Berthold Habekuß an der Anhörung teil. Er ist Rechtsberater des Karneval-Landesverbandes und erläutert für die MZ seine Bedenken.
Zielgruppe: Umstritten ist vor allem Paragraf 4 des Gesetzes, der regelt, an wen Vereine und Gesellschaften künftig noch Alkohol ausschenken dürfen. Da beginnen laut Habekuß die Unklarheiten: Zu Vereinen - ob eingetragen oder nicht - zählen auch Gewerkschaften; Gesellschaften etwa sind Genossenschaften oder Aktiengesellschaften. Politische Parten oder Religionsgemeinschaften fallen nach Ansicht Habekuß’ aber nicht darunter, „aber ganz so klar ist das bislang nicht“. Habekuß findet: „Wenn ich aber ein neues Gesetz mache, sollte das für jeden Bürger verständlich sein - auch ohne Rechtsanwalt.“
Folgen: Laut Gesetz dürfen Vereine und Gesellschaften künftig nur noch an eigene Mitglieder oder Arbeitnehmer in vereinseigenen Räumen Alkohol ausgeben. Laut Habekuß die nächste Unklarheit: „An die eigenen Mitglieder eines Fußballvereins kann nach einem Spiel Bier ausgeschenkt werden - an die Spieler der Gastmannschaft oder den Bürgermeister darf aber nur Mineralwasser“, sagt Habekuß. Dies sei „lebensfremd und in der Praxis nicht händelbar, das riecht nach Schikane“. Zudem gelte die Regelung nur in „Räumen“ , die sich im Besitz des Vereins oder Gesellschaft befinden. Das schließt ein Bier auf der Terrasse des Vereinsheims aus. Offen sei auch, ob ein Festzelt als Raum gelte.
Kontrolle: Damit der Ausschank von Alkohol ausschließlich an Mitglieder von Vereinen und Gesellschaften erfolgt, sind die Gastgeber laut Gesetz verpflichtet, Mitgliederlisten vorzuhalten. Falls das Ordnungsamt Samstagabend zur Vereinsfeier zur Kontrolle kommt. Fehlt die Liste, ist laut Gesetz ein Bußgeld fällig. Dabei seien Vereine überhaupt nicht verpflichtet, Mitgliederlisten zu führen. „Es gibt auch keine Rechtspflicht eines Bürgers, sich zu einer Mitgliedschaft in einem Verein zu offenbaren“, sagt Habekuß. Die Vorschrift im Gesetz laufe daher ins Leere.
Fazit: „Ziel des Gesetzes soll es unter anderem sein, Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Doch zumindest bei den Vereinen schafft es zusätzlichen Verwaltungsaufwand“, kritisiert Habekuß. Im Gegenzug sei das Gesetz in einem ganz entscheidenden Punkt - dem Missbrauch von Alkohol entgegenzuwirken - „windelweich“. Eine klare Regelung gegen Flatrate- und Komasaufen fehle, so der Anwalt. In der Folge entstünde der Eindruck, dass das Land den Vereinen auf Druck und zugunsten der Gastronomieverbände das Leben schwer machen wolle. Dabei seien Vereinsheime oftmals die einzigen Gaststätten in kleineren Dörfern - fehlen die, ziehen sich die Menschen ins Private zurück.