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Alfred Müller Alfred Müller: Mann mit Masken

Von TORSTEN WAHL 12.12.2010, 16:08

BERLIN/MZ. - Als Kundschafter Hansen brachte er mit seiner spektakulären Flucht staatswichtige militärische Ami-Pläne über die Grenze in die DDR - es war der Durchbruch auch für den Darsteller mit dem Allerweltsnamen Müller. Der Erfolg des ersten DDR-Spionagethrillers, zwei Jahre nach dem Mauerbau, war dem Berliner Schauspieler selbst unheimlich. Mehr als neun Millionen, also mindestens jeder zweite DDR-Bürger, sahen den Film im Kino. Müller war über Nacht populär.

Arbeiterkind aus Wedding

Das Arbeiterkind aus dem Berliner Wedding, geboren 1926 in der Müllerstraße, hatte Anfang der Fünfziger nach Jahren in der Kriegsgefangenschaft über das Kabarett und Laienspielgruppen zum Theater gefunden, an der Staatlichen Schauspielschule in Niederschöneweide studiert und sein erstes Engagement im Theater der Bergarbeiter in Senftenberg angetreten. 1959 wechselte er ans Berliner Maxim-Gorki-Theater. In Rollen wie dem Phileas Fogg in der Bühnenfassung von Jules Vernes "Reise um die Erde in 80 Tagen" bewies er seine feinsinnig-ironische Ader. Trotz des großen Erfolgs von "For Eyes Only" wehrte sich Alfred Müller dagegen, nun fortan den Gentleman-Kundschafter zu spielen, bestand auf seiner am Theater erprobten Vielseitigkeit.

Schon seine nächste große Filmrolle bewies das eindrucksvoll - doch "Das Kaninchen bin ich" blieb für das Publikum streng geheim. Kurt Maetzigs mutiger und ehrlicher Film fiel den ideologischen Verboten nach dem 11. Plenum des ZK der SED zum Opfer. Müller protestierte, bekam aber weiterhin Hauptrollen in Film, Fernsehen und Theater. Die Spanne reichte vom SS-Mann bis zum Auftritt als Karl Marx im Kinderfilm "Mohr und die Raben von London".

In den Siebzigerjahren verengte sich das Spektrum seiner Rollen auf Wissenschaftler, Parteisekretäre und Ingenieure, wie er selbst kritisch anmerkte. Müller, der auch ein ausgewiesener Komödiant war, suchte und fand neue Auftritte in literarisch-musikalischen Revuen und im Kabarett. Er trat mit Helga Hahnemann und Gisela May auf, war Stammgast in der Silvester-Schwankreihe "Ferienheim Bergkristall" und moderierte im Fernsehen die "Quizmühle". Privat blieb Alfred Müller so unauffällig wie ein guter Agent. Mit seiner Frau Eva, die er als Kostümbildnerin am Senftenberger Theater kennengelernt hatte, lebte er fast fünf Jahrzehnte zusammen, bis sie vor einigen Jahren an Krebs verstarb.

Opa von nebenan

Nach 1989 war der einstige Filmstar nur noch in Nebenrollen in Fernsehserien zu sehen, meist als Opa. Doch auf den Theaterbühnen lief er noch mal zu großer Form auf, spielte in Dessau die Hauptrolle als "Hauptmann von Köpenick" und am Berliner Theater des Westens in Musicals wie "Anything Goes", "Hello Dolly" oder "Blue Jeans". Zuletzt war er 2009 in der ZDF-Serie "Unser Charly" zu sehen - als störrischer Bauer. Wie seine Schauspiel-Agentur mitteilte, ist Alfred Müller bereits am 2. Dezember im Alter von 84 Jahren gestorben.