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Trinkertreff in Zeitz Trinkertreff in Zeitz: Anwohner fühlen sich mit Lärm und Dreck alleingelassen

Von Angelika Andräs 31.08.2018, 05:00
Alkohol in der Öffentlichkeit ist vielerorts ein Problem.
Alkohol in der Öffentlichkeit ist vielerorts ein Problem. dpa

Zeitz - Die Nerven liegen blank rund um die Theodor-Arnold-Promenade in Zeitz. Die Anwohner beklagen einerseits Lärmbelästigung durch alkoholisierte Personen und deren Hunde, Müll und die Nutzung der Parkanlage als Freilufttoilette. Andererseits sind sie zunehmend frustriert, weil sie offenbar von allen im Stich gelassen werden.

„Angesichts der vielen leeren Versprechen, uns zu helfen“, schreibt eine Anwohnerin der Geußnitzer Straße an die MZ, „reißt uns langsam der Geduldsfaden. Sollen wir aus Zeitz wegziehen?“ Die MZ war vor Ort und fragt: Was ist eigentlich los, und was wird getan?

Worum geht es eigentlich bei den Beschwerden?

Seit zwei Jahren treffen sich hier zwischen fünf und 15 Personen, um Alkohol zu konsumieren. Die ersten sind mitunter bereits ab 9 oder 10 Uhr vor Ort, aber am Nachmittag kommen immer mehr dazu. Der Lärmpegel steigt und erreicht mitunter in den späten Abendstunden erst seinen Höhepunkt. Es ist bereits mehrfach vorgekommen, dass sich die lautstarken Gelage bis in die frühen Morgenstunden hinziehen. Hundegebell und sogar laute Musik rauben den Anwohnern Schlaf und Nerven.

Was sagen Anwohner und Passanten?

„Es kann nicht sein, dass sich die Anwohner ihre Ruhezeiten von den Parkbesetzern vorschreiben lassen müssen“, erklärt eine Anwohnerin, „für die berufstätigen Mitbewohner, unter anderem drei im Schichtdienst tätige Krankenschwestern, ist das besonders schlimm.“

Die eigentlich sehr schöne und früher beliebte Parkanlage mit ihren großen alten Bäumen meiden sie ohnehin. Das tun auch Passanten. Gertraud Schneider kauft im unmittelbar an der Promenade gelegenen Netto-Markt ein. „Durch die Anlage kann man schon lange nicht mehr gehen“, sagt sie, „ich meide sogar die anliegende Straße, denn auch da wird man angepöbelt und schaut noch jemandem beim Pinkeln zu.“

Der Enkeltochter hat sie eingeschärft, nicht mehr durch die Promenade zu gehen, obwohl doch dieser Weg eigentlich sicherer wäre, als entlang der Straße.

Wie erlebt man die Situation vor Ort?

Am frühen Nachmittag halten sich fünf, sechs Leute am Ende der Promenade auf. Bierdosen und Flaschen mit Pfeffi, dem offensichtlich immer noch beliebten Likör, in den Händen. Vom nahe gelegenen Einkaufsmarkt kommen zwei dazu, jeweils vier Bierflaschen in den Händen. Zwei Hunde trotten hinterher.

Andere Bundesländer, andere Sitten: In Bayern zum Beispiel regeln Städte nach Bedarf, wo und wann Alkohol außerhalb von Freisitzen getrunken werden darf - sogar über die Grünflächenverordnung, wenn es um Parkanlagen geht.

Verbote für Fußgängerzonen, öffentliche Einrichtungen und deren Umfeld, Spielplätze und Grünanlagen sind am gängigsten. Wer in Ansbach in der Stadt Alkohol trinkend erwischt wird, kann schon mal 40 Euro hinlegen. Auch in Ingolstadt oder Passau wird durchgegriffen.

Bereits seit 1999 untersagte das Berliner Straßengesetz den Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit. Dies wurde Mitte des Jahres 2006 wieder aufgehoben.

2008 führten andere Städte (z. B. Marburg und Freiburg) ein Alkoholverbot in der Öffentlichkeit ein. Diese Verbote wurden oft gerichtlich wieder aufgehoben. So wurde die Regelung in Magdeburg durch das Oberverwaltungsgericht am 17. März 2010 für ungültig erklärt: Die bloße Präsenz von Trinkern, die auch mal Passanten anpöbeln, reicht für eine Alkoholklausel nicht aus.

In Gera wurden Trinker jetzt von einem Innenstadtplatz verbannt. Wer erwischt wird, riskiert eine Strafe bis zu 5.000 Euro. Hier weisen allerdings Schilder auf die „Alkoholverbotszone“ hin.

In Thüringen räumt seit 2013 ein Landesgesetz unter bestimmten Bedingungen solche Zonen ein.  (and)

Ins Gespräch kommt man nicht. Einige gehen zur Seite, zwei pöbeln und rufen: „Guck nicht so blöde, hau lieber ab!“ Zwei Stunden später sind es deutlich mehr Leute, es ist auch lauter geworden. Am nächsten Vormittag sind schon wieder die ersten Leute mit Bierflaschen dabei, sich auf der Bank einzurichten. Und am Abend stehen zwei Autos auf der Rasenfläche, die eigentlich den Abschluss der Promenade bildet. „Fahren die dann noch nach Hause?“, fragt ein dazugekommener Anwohner. Auf jeden Fall trinken sie mit.

Wie hat die Stadtverwaltung bisher reagiert?

Aus Sicht der Anwohner überhaupt nicht. „Es ist uns unverständlich, dass seitens des Ordnungsamtes überhaupt nichts gegen diese Missstände unternommen wird“, heißt es in dem Brief, der auch an die Stadt Zeitz gerichtet ist, „wir sind überzeugt, würde ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes hier wohnen und tagtäglich von Nachmittag bis zum späten Abend vor der Haustür mit lautem Geschrei und Gebell konfrontiert sein, hätte sich schon etwas geändert.“

Aus der Stadtverwaltung heißt es: „Kontrollen erfolgten und erfolgen weiterhin durch Mitarbeiter des Sachgebietes Sicherheit und Ordnung, durch Kräfte der Polizei, teilweise auch gemeinsam. Die Kontrollen finden zu unterschiedlichen Tageszeiten statt. Bei den Prüfungen konnten keine Verstöße festgestellt werden, die ein weiterführendes Einschreiten der Ordnungskräfte rechtfertigen würden.“ Man werde sich aber dem Problem verstärkt - auch abends - widmen.

Was sagt die Polizei dazu - und wann ist sie zuständig?

Da es sich rein rechtlich um Ruhestörung handelt, ist das Ordnungsamt zuständig. Das laut Polizei in zwei Schichten besetzt und bis 20 Uhr Ansprechpartner ist. „Nach 20 Uhr ist dann die Polizei zuständig“, sagt Gesine Kerwien, Sprecherin des Polizeireviers Burgenlandkreis, „wir waren auch schon nach Anrufen vor Ort.“ Allerdings sei es da auch vorgekommen, dass beim Eintreffen der Polizei niemand mehr anzutreffen war. Bei Lärmbelästigung, anderen groben Verstößen oder Straftaten am Abend oder in der Nacht soll in jedem Fall die 112 angerufen werden. (mz)