Kellerkartierung für Freyburg Kellerkartierung für Freyburg: Interessante Einblicke in «Unterwelt»
Freyburg - Geologie-Studenten der Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg unter Leitung von Dr. Bruno Tauché überreichten im Freyburger Rathaus Bürgermeister Martin Bertling im Beisein von Vertretern der Stadt, der Neuenburg und des Landesamtes für Denkmalpflege den Projektbericht "Kellerkartierung der Stadt Freyburg".
Das hört sich sehr nüchtern an. Hinter dem, was von sechs Studenten vom Sommer 2000 bis Mitte Februar akribisch genau dokumentiert worden ist, steckt aber jede Menge wissenschaftlicher und überaus interessanter Arbeit im Untergrund der Stadt.
Die Studierenden Jana Fischer, Dana Hollburg, Stephanie Werner, Falk Jäger, Martin Beitz und Matthias Caspar haben in dieser Zeit 191 Freyburger Keller mit insgesamt 235 Einzelgewölben begangen, vermessen, Eigenheiten festhalten, diese teils fotografiert und letztlich kartiert. Kein Wunder, dass die Übergabe dieser hervorragenden wissenschaftlichen Arbeit mit Blick auf die 800-Jahr-Feier der Stadt bei Bertling helle Freude, ja sogar Begeisterung auslöste.
Bauforscher Reinhardt Schmitt vom Landesamt für Denkmalpflege hatte den Grundstein für die Kartierung der Altstadtkeller gelegt. Wie er sagte, sei ihm beim Blick von der Neuenburg auf die Stadt eingefallen, dass über eine Kellererfassung ansatzweise geklärt werden könne, wie Freyburg vor 800 Jahren etwa ausgesehen hat. Für seine Idee konnte er sowohl auf der Neuenburg begeistern, als auch bei der Stadt und bei Dr. Bruno Tauché von der Universität.
Die Auflistung der historischen Kelleranlagen im Bereich der einstigen Stadtmauer und darüber hinaus nähren die Vermutung, dass Freyburg die Grundlage für weitere Stadtgründungen war. Anhand der Kellerkartierung und des vorhandenen Straßengitters wird deutlich, dass Freyburgs "Unterwelt" und Straßenzüge - bis auf die Marienstraße - noch genau so aussehen wie vor 800 Jahren.
Was heute links und rechts der Straßen und Fußwege zu sehen ist und vor allem nach Stadtbränden neu entstand, ist also zumeist auf den jetzt kartierten historischen Kellerbauten gegründet. Und einige davon, so Schmitt, "riechen heute noch nach Romanik - bei manchen schimmert die Gotik durch".
Stephanie Werner aus Eisleben und Jana Fischer aus Bernburg gehörten zu den Studenten, die an viele Türen klopften und um Einlass in die Keller baten. "Es hat kaum Probleme gegeben. Wir konnten uns ausweisen, und die Freyburger waren - bis auf wenige Ausnahmen - sehr freundlich zu uns", erläuterten sie während der Übergabe im Rathaus. Am Rande ihrer Arbeiten hätten sie aber auch festgestellt, dass insbesondere die früher oftmals vom Unstruthochwasser gebeutelten Keller der Wasserstraße heute zumeist nur noch von riesengroßen Spinnen und von der Decke wachsenden Pilzen genutzt werden. Aufhorchen ließ auch, dass die Keller unter dem Ratskeller, die während der letzten Sanierung zu Toiletten umfunktioniert worden sind, zu den ältesten der Stadt gehören. Dokumentiert in Freyburgs Unterwelt wurden u.a. auch die Bauart der Keller, das Baumaterial, die Art der Fugenfüllung, die Setzstruktur der Gewölbesteine, Risse im Mauerwerk, sonstige Besonderheiten und natürlich die Beschaffenheit des Kellerbodens.
Bei gestampften Lehmböden kann übrigens davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um das ursprüngliche Bodenmaterial handelt, auf dem sich schon die alten Freyburger vor 800 Jahren bewegten. Zur Altersbestimmung der Tonnengewölbe wurde aber auch ihren Übergängen zu den Abschlussmauern sehr große Beachtung geschenkt. Selbst die Bautiefe der Keller, sämtliche Türgewende, Kellerstufen, die Anzahl der Kellerstockwerke, Schrift- und Steinmetzzeichen, Zugänge, Nischen, deren Form und Position wurden in den studentischen Kartierungsakten exakt festgehalten.