Abschied von Kretzschau Abschied von Kretzschau: Herbergsvater heuert an der Ostsee an

Kretzschau - Er braucht mal wieder frischen Wind um die Nase, eine frische Brise sozusagen. Das ist der Hauptgrund, warum Walter Weber die Jugendherberge in Kretzschau verlässt und bei einer anderen als Herbergsvater anheuert. Denn die liegt in Schönberg, nördlich von Kiel, fast direkt an der Ostsee.
„Als ich meinen neuen Arbeitsort zum ersten Mal besucht hatte, bin ich ein paar Kilometer mit dem Fahrrad gefahen, stand auf dem Deich und hatte das weite Meer vor mir. Herrlich“, freut sich der 47-Jährige auf die neue Aufgabe. Aber in den vergangenen viereinhalb Jahren ist unter seiner Regie auch einiges entstanden.
Herbergsvater: „Wir sind damals toll aufgenommen worden“
Und da ist er sichtlich stolz drauf. Am meisten vermissen wird er seine Mitarbeiter, ein Dutzend Menschen aus fünf Nationen. Dazu zählen zwei Auszubildene, die erstmals unter dem Herbergsvater eine Stelle bekamen. „Wir sind damals toll aufgenommen worden, Das war wie eine Familie zum Schluss. Deswegen gehe ich auch ganz klar mit einem weinenden Auge“, so Weber. Ende Januar ist der Umzug.
Angefangen hatte er in Kretzschau mit knapp zehntausend Übernachtungen im Jahr, das konnte er auf zuletzt gute 13.000 steigern. Das lag sicherlich auch daran, dass er sich, als gelernter Eventmanager, viele Programme ausgedacht hat, die zu dem hiesigen Lehrplan passten. „So konnten wir viele, viele Schulklassen mit unserem Ritter- oder auch Bergbau-Programm zu uns locken“, sagt Weber. Aber auch baulich hatte sich einiges getan und tut sich noch einiges.
Jugendherberge Kretzschau: Kurzzeitige Umfunktion zur Flüchtlingsunterkunft 2015/2016
„Wir freuen uns über einen neuen Basketballplatz, neue Sitzgelegenheiten für Gruppen im Außenbereich und natürlich auf den neuen großen Spielplatz, an dem gerade gearbeitet wird“, zählt er auf. Im kommenden Jahr will das Deutsche Jugendherbergswerk zudem Dächer und Bäder in den Bungalows reparieren. Zudem soll es auch erstmals eigene Gurken und Tomaten geben. Kürbisse für das Halloween-Programm werden schon selber in der Jugendherberge gezüchtet.
Bizarr und lustig zugleich seien die Erinnerungen an die kurzzeitige Umfunktion zur Flüchtlingsunterkunft 2015/2016. Rund 22.000 Übernachtungen hatte Weber da in nur sieben Monaten und entsprechende Erlebnisse. „Wir hatten ein traumatisiertes Kind, welches mit Glück eine Maschinengewehr-Salve überlebt hatte. Das war erst total zurückgezogen, am Ende aber nicht mehr von unserem Hausmeister und dessen Traktor loszubekommen“, erinnert sich der 47-Jährige.
Umstellung des Speiseplanes auf die Bedürfnisse der Flüchtlinge
Ungewöhnlich sei auch die Umstellung des Speiseplanes auf die Bedürfnisse der Flüchtlinge gewesen. „Da haben wir uns mit ein paar Frauen zusammengesetzt und uns inspirieren lassen. Ein paar solcher Sachen haben wir heute noch auf der Karte“, sagt Weber. „Solche Erinnerungen seien unbezahlbar“.
Das Haus geleitet hat er zusammen mit seiner Frau Antje Bard. Die Bremerin hatte der gebürtige Trierer bei deren Studium in seiner Heimatstadt kennengelernt. Nach ein abenteuerlichen Jobs, unter anderem für die Fußball-Nationalmannschaft, starteten die beiden 2012 als Herbergsfamilie in Bernkastel-Kues, ehe es 2014 nach Kretzschau ging. Nun also der Wechsel nach Schleswig-Holstein.
Herbergsvater: Zum Abschied hat er noch ein paar Tipps und Wünsche
Zum Abschied hat er noch ein paar Tipps und Wünsche für die Zeitzer Region. „Es wäre schön, wenn die Radwanderwege besser ausgebaut werden könnten. Wir hätten noch viel mehr Familien hierher locken können, wenn diese nicht teilweise mit ihren Kindern vom Bahnhof aus über Bundesstraßen fahren müssten“, sagt Walter Weber.
Und mit mehr als einer Medikus-Führung auf der Moritzburg im Jahr zum Beispiel, könnte man noch mehr Leute in die Region locken. „Zeitz hat so viel zu bieten, so viele Möglichkeiten. Die sollten wirklich mehr aktiviert werden“, meint der 47-Jährige zum Abschied. (mz)