Wittenberg Wittenberg: Keiner wandert ohne Blasen auf Luthers Spuren
WITTENBERG/MZ. - "Am Ende war wohl keiner von uns ohne Blasen", meinte Rainer Schultz. Aber ob erfahren im Wandern oder nicht "so etwas läuft im Kopf ab". 16,5 Stunden war die Gruppe unterwegs, mit Pausen, lieben Empfängen und unterstützenden Worten von Leipzig über Krippehna, Bad Düben, Lubast, Pannigkau und Eutzsch bis an die Wittenberger Schlosskirche. Eine Mammuttour auf Schusters Rappen.
Auf 500-jährigen Spuren Martin Luthers sind sie gewandelt: Bernhard Naumann, Wittenbergs wohl berühmtester Luther-Darsteller, mit Bürgermeister Torsten Zugehör als Johann von Staupitz, Rainer Schultz als Begleiter und etliche andere als dauernde oder zeitweilige Wegbegleiter. Katja Wartmann von den Wittenberger Botenläufern etwa musste zwischen Lubast und Kemberg zeitweilig pausieren, schloss sich danach aber wieder der Gruppe an. "Es ist schon ein straffes Tempo, und ich bin noch nie so eine Strecke am Stück gelaufen", so die 39-Jährige.
Der Kemberger Karsten Nowack und andere stießen ab Bad Düben dazu. "Man kommt mit den Menschen ganz anders ins Gespräch", meinte Nowack, der von dem Tag in der Zeitung gelesen hatte und sich spontan zum Mitwandern entschlossen hatte. In Bad Düben hatte die Gruppe noch vor dem Zeitplan gelegen, blieb dann jedoch zusehens zurück. Die vielen Begleiter würden ihm die Kraft geben, erklärte Bernhard Naumann, der die Strecke nicht zum ersten Mal absolvierte. Er hatte immer einen Spruch parat, ließ sich bei der Begrüßung in Kemberg auf ein lockeres Gespräch mit Propst Bernhardi (Erich Schreiner vom Verein "Lebenszeiten") ein und begrüßte etliche weitere Botenläufer, die die letzten 14 Kilometer mitzogen.
Etwas zurückgezogen in der Kirche kämpfte derweil Torsten Zugehör sichtlich mit sich selbst. Die Füße kaputt, der Körper ausgelaugt, berichtete er von großen Problemen ab Schwemsal.
"Man frisst kilometerweise Lehrgeld. Das sind alles erfahrene Wanderleute", erklärte er reichlich erschöpft. Doch nicht weit entfernt warteten "seine Pratauer". So ließ er jeden aufflackernden Gedanken ans Aufgeben im Gotteshaus zurück und machte sich auf den Weg, auch dank der Hilfe von Marion Koch und Karina Austermann aus dem Rathaus, die aus dem Begleitfahrzeug heraus viel praktische sowie moralische Unterstützung gaben. "Letztlich hatten wir die Erkenntnis, dass uns die Pausen nicht gut getan haben", lautete das Resümee von Rainer Schultz. Etliche hatten zwar Erfahrung im Langstreckenlauf, aber Wandern sei etwas völlig anderes. Doch auf dem langen Weg habe sich eine verschworene Gemeinschaft gebildet, die sich gegenseitig aufgebaut hat. "Und ich kann mich nicht erinnern, dass Bernhard mal einen Kilometer nichts gesagt hätte", fügte er schmunzelnd hinzu.
Der Empfang dann in der Marina am Brückenkopf, das Übersetzen über die Elbe - es war fast Vollmond! - sei dann, so kurz vor dem Ziel, noch einmal wunderschön gewesen. Am Ende haben sie ihren "historischen Auftrag", nämlich 50 Gulden für die Promotion Luthers nach Wittenberg zu bringen, getreulich erfüllt. Zum Schluss hatten sie Arm in Arm an der Schlosskirche gestanden und gesungen "Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, zu unser'n Zeiten". Und da wussten sie: Es ist geschafft.