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Konzert mit Klaus Hoffmann Konzert mit Klaus Hoffmann: Melancholie unter einem gnädigen Himmel

Von Stefanie Hommers 19.06.2017, 09:24
Sänger, Schauspieler und Autor Klaus Hoffmann war in Wittenberg auf der Schlosswiese zu erleben.
Sänger, Schauspieler und Autor Klaus Hoffmann war in Wittenberg auf der Schlosswiese zu erleben. Klitzsch

Wittenberg - „Wo sind sie geblieben: die Ideale, die langen Haare?“, fragt der Mann im schwarzen Anzug gleich zu Beginn seines Auftritts auf der Bühne der Wittenberger Schlosswiese. Dabei führt er mit selbstironischer Geste die Finger zum schütteren Schopf, um gleich darauf in die Gitarrensaiten zu greifen. Klaus Hoffmann beginnt zu singen. Und siehe da, das Haupthaar mag an Fülle verloren haben, die Ideale sind noch da.

Seit 40 Jahren schon steht Klaus Hoffmann auf der Bühne, als Schauspieler, Sänger und Autor. In Berliner Szenekneipen ist er aufgetreten, hat auf der Freien Volksbühne gestanden. Manch einem ist er vielleicht noch als Edgar Wibeau aus der Verfilmung des Plenzdorf Romans „Die neuen Leiden des jungen W.“ in Erinnerung, andere schätzen ihn als Interpreten von Brel-Chansons.

Vor der Kulisse des Schlosses bringt er am Freitagabend „Leise Zeichen“ in einer lauten Welt zu Gehör. Seiner Heimatstadt hat der Berliner auf seinem gleichnamigen jüngsten Album einmal mehr ein Liebeslied auf den steinernen Leib geschrieben und bekennt: „Du machst mich immer noch verrückt … du bist Musik, die Mutter meiner Lieder“.

Klaus Hoffmann wurde am 26. März 1951 in Berlin geboren. Ab 1970 war er Schauspielschüler am Max-Reinhardt-Seminar, vier Jahre später erscheint seine erste Platte. 1976 erhält er für „Die neuen Leiden des jungen W“ die Goldene Kamera, ein Jahr später für die Rolle den Bambi. 1979 geht er auf große Deutschland-Tour, 1983 tritt er vor 6.000 Zuschauern in Ost-Berlin auf, weitere Konzerte in der DDR folgen. In diesem Jahr ist Hoffmann auf „Leise Zeichen“-Tour, unter anderem ist am 30. September ein Konzert in Magdeburg geplant.

Schon 1978 hatte Hoffmann mit dem „Kreuzberger Walzer“ eine frech-freundliche Hymne im Dreivierteltakt auf die damals noch geteilte Stadt und ihren bunten Kiez verfasst; sie erklingt beim Konzert ebenso wie der „Berliner Sonntag“. Die Metropole war, ist und bleibt ein Fixstern im Leben des 66-Jährigen, der in Charlottenburg aufwuchs und heute am westlichen Rand der Stadt in Kladow lebt.

Es ist der Ort, von dem aus er die Welt betrachtet, bereist und beschreibt. „Ich komm von irgendwo, ich geh nach nirgendwo, bin ein Fremder“, singt er, „ich bin der, den du vermeidest, ich bin der, den du verschweigst, bin der Hass in deinem Herzen, bin das Misstrauen, dass du zeigst.“

Die alten und neuen Lieder, sie treffen auf ein bunt gemischtes Publikum. Langjährige Fans, die frühe Plattencover (mit einem langhaarigen Klaus Hoffmann) in die Höhe halten, sind ebenso darunter wie Neugierige, die freimütig bekennen: „ich kannte den vorher gar nicht“.

Jörg Dahms lauscht kritisch – insbesondere auf den Klang des Flügels, an dem Hawo Bleich die Tasten anschlägt - hat der Wittenberger Musikinstrumentenbauer das Instrument doch vor dem Auftritt frisch gestimmt. Die Lieder sind indes weniger nach seinem Geschmack.

Der textsicherste unter allen Gästen dürfte indes zweifellos Christof Vetter gewesen sein. Kein Lied, bei dem seine Lippen nicht den Text mitsprechen, keine Melodie, bei der die Füße nicht im Takt mitwippen.

Der Marketingchef des Vereins Reformationsjubiläum 2017 auf dessen Einladung hin der Berliner mit seiner Band nach Wittenberg gekommen war, ist bekennender Hoffmann-Fan und singt nach eigenem Bekunden immer mit bei dessen Liedern „manchmal zum Leidwesen meiner Frau“, wie er gesteht.

Ganz so überschwänglich ist die Stimmung unter der Mehrheit der Zuhörer nicht: Längst nicht alle Stühle sind besetzt, der Applaus ist kräftig, aber nicht enthusiastisch, der Tonfall des Sängers in Melodie und Moderation eher melancholisch.

Manche Plauderei zwischen den Songs wird ein wenig zu routiniert abgespult, mancher Witz wirkt ein wenig angestaubt. Aber immerhin bleibt es, nach ein paar anfänglichen Tropfen aus dunklen Wolken, trocken.

„Sie sind da, ich bin da, der Himmel ist uns gnädig – und Luther ist auch irgendwie da“ formuliert es Hoffmann lakonisch – und er verabschiedet sich in der aus den Wolken sich hervorkämpfenden Abendsonne mit einer seiner bekanntesten Interpretationen eines Chansons von Jaques Brel: „Adieu Emile“.

(mz)