Landgericht "König" Peter Fitzek sieht sich als Justiz-Opfer und spricht von "Hexenprozess"
Halle (Saale) - In diesem Moment hat Peter Fitzek, der selbst ernannte König von „Neu-Deutschland“, der Bundesrepublik den Krieg erklärt. Als er das Urteil im Untreue-Prozess vernimmt, das ihm am Mittwochnachmittag im Landgericht Halle eröffnet wird, ruft der Monarch des Wittenberger Fantasiestaates vollends erbost: „Das ist ein Verbrechen.“ Dann spricht Fitzek hysterisch von einem „Hexenprozess“ und dass ein Feind sei, wer hier die Wahrheit sage.
Mit solchen Tiraden trifft der 51-Jährige genau den Nerv seiner Unterstützer bei der öffentlichen Urteilsverkündung. Immer wieder stören sie mit Zwischenrufen den Verlauf. Mitunter sind die Ausführungen von Richterin Ursula Mertens kaum noch zu verstehen. Die Stimmung ist aufgeheizt, ein Tumult erscheint möglich. Justizbeamte müssen, um Ruhe und Ordnung zu schaffen, einen der Rädelsführer gewaltlos aus dem Saal eskortieren.
Forderung nach Freispruch des Peter Fitzek hat keine Chance
Drei Jahre und acht Monate soll der Hobby-Staatsgründer nun hinter Gitter. Das ist die klare Antwort des deutschen Rechtsstaates auf seinen untauglichen Versuch, eine als Kooperationskasse getarnte Privatbank zu betreiben - zum Nachteil von Anlegern. Mit ihrem Spruch folgt die Wirtschaftsstrafkammer der Argumentation der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von vier Jahren gefordert hatte.
Den Nachlass von vier Monaten will das Gericht als Entgegenkommen verstanden wissen. Damit honoriere man zum einen die Tatsache, dass Fitzek in anderer Sache pünktlich einen Strafbefehl von 50 Tagessätzen beglichen habe. Zum anderen gebe es so etwas wie ein Geständnis, so Mertens. Der Angeklagte sei während des Verfahrens den Fragen nicht ausgewichen und habe versucht, sein Verhalten zu erklären.
Seine Idee von einer zinsfreien Geldwirtschaft und imaginäre gemeinnützige Projekte sind dem Gericht dennoch ein Rätsel geblieben. Vor diesem Hintergrund hatten die beiden Verteidiger mit ihrer Forderung nach Freispruch ihres Mandanten keine Chance. Visionen von einer angeblich gerechteren Gesellschaft, wie sie von Fitzek theatralisch vertreten werden, rechtfertigen hierzulande keinen Gesetzesbruch. Im Gegenteil: Das Gericht sieht es vielmehr als erwiesen an, dass Fitzek die Kooperationskasse lediglich dafür gegründet habe, um „egoistische Motive“ zu verwirklichen: ein Königreich, das nach seinen Regeln funktioniert, mit ihm als unumschränkten Herrscher.
Richterin: „Das ist ein gewerbsmäßiges Einlagengeschäft“
Die Richterin erklärte ausführlich, warum der Tatbestand der schweren Untreue erfüllt sei. Dazu führte sie die Einnahmen der Kooperationskasse an. 25.000 Euro seien es 2007 gewesen, für 2012 könnten schon 1,3 Millionen Euro geschätzt werden. „Das ist ein gewerbsmäßiges Einlagengeschäft.“ Dafür brauche man eine Erlaubnis der Bankenaufsicht des Bundes (Bafin) und eine ordentliche kaufmännische Buchführung. „Beides gab und gibt es nicht“, so Mertens.
Die Folge: Das Geld, das insgesamt 550 Anleger eingezahlt haben, dürfte weg sein. Laut Richterin Mertens ist es im „Nirwana“ verschwunden oder einfach ausgegeben worden, beispielsweise rund 120.000 Euro für einen Bali-Urlaub mit Lebensgefährtin Annett. Wie lange es dauert bis zur nächsten Auszeit im Insel-Paradies, hängt vom Erfolg einer möglichen Revision ab. Ob die Frau bei einer Niederlage zu Fitzek steht, wollte sie nicht sagen. (mz)