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Tod einer Bloggerin Bloggerin Marie Sophie Hingst soll in Wittenberg beigesetzt werden

30.07.2019, 10:00
Marie Sophie Hingst erhält die Auszeichnung „Bloggerin des Jahres“, die ihr später wieder aberkannt wurde.
Marie Sophie Hingst erhält die Auszeichnung „Bloggerin des Jahres“, die ihr später wieder aberkannt wurde. dpa

Wittenberg - Die Bloggerin und Historikerin Marie Sophie Hingst soll am Mittwoch in Wittenberg bestattet werden. Das berichtete die Irish Times mit Verweis auf die Familie der Verstorbenen. Die 31-Jährige war bereits Mitte Juli in ihrer Wohnung in Dublin gestorben. Bekannt wurde ihr Tod erst in diesen Tagen. Die Polizei ging Berichten zufolge nicht von einer Fremdeinwirkung aus.

Die gebürtige Wittenbergerin hatte nach dem Abitur am Liborius-Gymnasium in Dessau an Hochschulen in Deutschland, Frankreich, den Vereinigten Staaten und Irland studiert und zuletzt als Projektmanagerin für den Chip-Produzenten Intel in Irland gearbeitet.

Marie Sophie Hingst - Skandal um angebliche jüdische Herkunft

Bekannt wurde sie durch ihren nun umstrittenen Blog „Read On, my Dear, Read On.“ Darin beschrieb sie das Leben ihrer vermeintlichen jüdischen Verwandtschaft, die im Holocaust ums Leben gekommen sein soll und ihr eigenes Leben als Jüdin. Hingst wurde dafür vor zwei Jahren sogar ausgezeichnet. Im Jahr 2017 wurde sie dafür von den „Goldenen Bloggern“ zur „Bloggerin des Jahres“ gewählt.

Sie erhielt auch einen der sechs Preise des Future-of-Europe-Projekts der „Financial Times“ . Die Auszeichnungen wurden ihr inzwischen wieder aberkannt. Auch gegenüber der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hatte sie falsche Angaben über ihre Abstammung gemacht.

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hatte Ende Mai enthüllt, dass es diese jüdische Verwandtschaft wohl nie gab, die Namen der Opfer offenbar erfunden waren. Hingst hatte die Vorwürfe zunächst zurückgewiesen und ein juristisches Nachspiel angekündigt. Der Blog war wenig später aus dem Netz verschwunden.

Erfundene Holocaust-Opfer - Hingst sprach von Literatur

In der Folge erklärte sie, ihre Texte seien literarischer Natur gewesen. Über ihren Anwalt ließ sie laut „Spiegel“ erklären, dass sie für ihren Blog „ein erhebliches Maß an künstlerischer Freiheit“ für sich in Anspruch nähme. Es handle sich dabei nicht um Journalismus oder Geschichtsschreibung. Auch andere Medien hatten nach der „Spiegel“-Enthüllung den Wahrheitsgehalt von Interviews und einem Gastbeitrag angezweifelt.

Bei Deutschlandfunk Nova ging es zum Beispiel um eine Reportage über Sexualaufklärung in Indien. Es müsse „die Glaubwürdigkeit der Autorin so stark angezweifelt werden“, dass man ihre Beiträge nicht mehr guten Gewissens veröffentlichen könne, hieß es. „Zeit Online“ bemerkte über einen auf dem Portal erschienenen Text, dass er nie hätte erscheinen dürfen. Die Verantwortlichen nahmen das zum Anlass, die Prüfmechanismen bei den Texten zu verschärfen.

Tragisches Ende von Bloggerin Marie Sophie Hingst

Einem Reporter der Irish Times gegenüber hatte Sophie Hingst erläutert, sie sei Tochter einer jüdischen Mutter. Ihre Mutter, die in Wittenberg als Zahnärztin arbeitete, ist allerdings Protestantin. Diese hatte der Zeitung gegenüber von psychischen Problemen ihrer Tochter gesprochen und war zunächst von einem Suizid ausgegangen.

Wenn Sie sich selbst betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800/1110111 oder 0800/1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in vielen Fällen Auswege aus scheinbar aussichtslosen Situationen aufzeigen konnten.

(mz/jjt)