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Altes Gymnasium in Wittenberg Altes Gymnasium in Wittenberg: Zweiter Anlauf für den Umbau zum Besucherzentrum

Von irina steinmann 19.10.2013, 10:25
Lange tat sich hier nichts, nun soll es losgehen: Das Alte Gymnasium wird saniert und ein christliches Bildungshaus.
Lange tat sich hier nichts, nun soll es losgehen: Das Alte Gymnasium wird saniert und ein christliches Bildungshaus. Kuhn Lizenz

wittenberg/MZ - Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Vier Jahre (!) nachdem man zuletzt überhaupt etwas von dem Projekt gehört hatte, sollen nun in der kommenden Woche tatsächlich die Bauarbeiten beginnen. Das „Alte Gymnasium“, die „Alte Lateinschule“, am Kirchplatz wird saniert und soll später als christliches Besucher- und Studienzentrum dienen. Die Eröffnung sei für den 1. Mai 2015 vorgesehen, sagte David L. Mahsman, Geschäftsführer der International Lutheran Society of Wittenberg gGmbH (ILSW) am Freitag vor der Presse.

Architekten von hier

Die Gesellschaft, ein Zusammenschluss der konservativen evangelischen Glaubensgemeinschaften „Lutheran Church Missouri Synod“ (LCMS) aus den USA und der deutschen „Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche“ (SELK) sowie des US-Verlagshauses „Concordia“, ist die Bauherrin. Realisiert wird das Vorhaben vom Wittenberger Büro „bc Architekten“ um Helmut Keitel, der auch im Bildungsverein „Campus“ aktiv ist und lange Jahre dessen Geschäftsführer war.

Bildung soll auch in der „Alten Lateinschule“, so der offizielle Name des Bauprojekts, eine große Rolle spielen. In Zusammenarbeit mit Christian Eggert vom ebenfalls in der Jüdenstraße gelegenen „Colleg Wittenberg“ will auch das neue Haus Domizil für Studenten aus den USA und deren Professoren sein. Das bisherige Colleg, so Keitel, stoße nämlich bereits an Kapazitätsgrenzen. Neben dieser universitären Nutzung sind laut Mahsman kirchliche Bildungsprogramme für Besucher der Stadt wie auch für Einheimische vorgesehen, und zwar für Menschen aller Altersgruppen. Die SELK hat beispielsweise bereits Jugendcamps in der Lutherstadt durchgeführt.

2,2 Millionen Euro an Baukosten sind veranschlagt für die Sanierung des Gebäudes, das die Hausnummer Jüdenstraße 38 trägt. Das entspricht in etwa dem Kostenrahmen, der bereits 2007 genannt worden war. Hinzu kommen noch die Kosten für die Einrichtung. Die öffentliche Hand beteiligt sich in geringem Umfang: 30 000 Euro an Fördermitteln fließen in die Arbeiten am äußeren Erscheinungsbild, also etwa der Fassade. Bereits zugesagte Fördermittel in Höhe von 100 000 Euro hatte man seinerzeit verfallen lassen müssen, da 2009 - im Zuge der damaligen Finanzturbulenzen in den USA - die Gesamtfinanzierung wankte: Die um Spenden angegangenen Gläubigen hielten ihre Portemonnaies zu, hieß es damals. Reverend Mahsman war 2009 als Nachfolger des kanadischen LCMS-Pastors Wilhelm Torgerson nach Wittenberg gekommen und hatte das - offenbar mehrfach überarbeitete - Projekt weiter vorangetrieben. Am Freitag überraschte er die Presse mit Aussagen, wonach auch über eine 38 Millionen Euro schwere Art „Luther-Erlebniswelt“ nachgedacht worden war...

Mit Kapelle

Nun, die avisierte Realität bleibt spannend genug. Der „sehr ansprechende“ Renaissancebau soll laut Keitel nach allen Regeln der (Denkmalschutz-)Kunst saniert werden. Im Erdgeschoss will man neben Empfangs- und Konferenzräumen und einem - den Nutzern vorbehaltenen - christlichen Buchladen auch eine Kapelle mit 60 Plätzen einrichten. In den Obergeschossen werden den Planungen zufolge Büro- und Schlafräume sowie eine Professorenwohnung eingerichtet. 24 Wohnplätze für Studenten und Besucher will die „Alte Lateinschule“, deren endgültiger Name noch nicht feststeht, einmal bieten. („Concordia“? Klingt gut, findet Mahsman, aber denke der Deutsche da nicht in erster Linie an eine Versicherung?) „Käthe’s Beer Cellar“, eine christliche Bierschwemme, wie sie Torgerson launig vorgeschwebt hatte, wird es dagegen nicht geben: Der Keller mit seinen „hochwertigen Gewölben“ werde nicht erschlossen, sagte Keitel. Da die Voraussetzungen für einen Aufzug geschaffen werden sollen, müssen im Zuge der hierfür notwendigen Schachtarbeiten auch die Archäologen, die bereits 2007 im Haus waren, noch einmal anrücken. Fenster und Sandsteingewände werden denkmalgerecht ersetzt bzw. restauriert. Aufs Dach kommen Gauben und Biberschwanz-Ziegel. Im Innern sollen „archäologische Fenster“ auf die verschiedenen Epochen hinweisen. Der Zugang erfolgt für die Besucher vom Kirchplatz, für die Studenten und Professoren über die Jüdenstraße.

Erfreut zeigte sich Oberbürgermeister Eckhard Naumann (SPD) nicht nur über die Realisierung des Bauvorhabens an einem „herausgehobenen Standort“, sondern auch über Mahsmans Ankündigung, dass sich seine Kirche dauerhaft in der Stadt engagieren möchte, also weit über 2017 hinaus.

Die Archäologen, hier ein Bild von 2007, kommen wieder.
Die Archäologen, hier ein Bild von 2007, kommen wieder.
Kuhn Lizenz