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Schulbeginn  Schulbeginn : Sicherer Schulweg dank Ausnahme-Mutter

Von Klaus-Dieter Kunick 11.08.2016, 10:00
Den Weg zur Schule ist Nadine Siegemund aus Weißenfels mit ihrem Jungen mehrfach abgelaufen.
Den Weg zur Schule ist Nadine Siegemund aus Weißenfels mit ihrem Jungen mehrfach abgelaufen. Peter Lisker

Weißenfels - Die Zuckertüte ist längst fertig gepackt, der Ranzen für den ersten Schultag am kommenden Montag selbstverständlich auch. Für Emil-Hartmut Siegemund und seine Mutter Nadine aus Weißenfels kann der Schulalltag beginnen. Dass sich der Siebenjährige auf die Schule freut, versteht sich. Welcher Abc-Schütze wohl nicht. Aber einen Unterschied zu vielen Mitschülern in seinem Alter gibt es dennoch: Emil-Hartmut ist mit seiner Mutter den Schulweg abgelaufen - der Sicherheit wegen. Diese Herangehensweise ist selten anzutreffen. Gar zu viele Eltern, deren Kinder zum ersten Mal den Schulweg bewältigen müssen, haben das hingegen nicht getan, bestätigt Polizeihauptmeister Raul Reichold vom Polizeirevier Burgenlandkreis.

Verstehen kann Nadine Siegemund diese Haltung nicht, für sie seien das Bequemlichkeit und Desinteresse, die diese Eltern an den Tag legen. „Es geht doch um die Sicherheit von meinem Kind. Dafür muss man doch alles, aber auch wirklich alles tun“, sagt die 33-Jährige. Ihre Mutter habe es mit ihr zum Schulanfang schließlich genauso gemacht. Und mit ihrer Tochter Alma-Karin, die im nächsten Jahr den Schulranzen zum ersten Mal trägt, werde sie den Weg ebenfalls wieder ablaufen.

Schwieriger Part

Mit ihrem Jungen ist Nadine Siegemund den Weg hin zur Herdergrundschule sogar mehrfach abgelaufen. Den schwierigsten Part für Emil-Hartmut sieht sie in der Schlachthofstraße, hier herrsche ziemlich starker Verkehr, vor allem fahren dort viele Lkw entlang. Die Familie ist den Weg nicht nur abgelaufen, sondern ist einen Schritt weitergegangen: Selbst mit dem Auto ist in Richtung Schule gefahren worden, um dem Kind eine andere Sicht, nämlich die des Kraftfahrers, zu vermitteln.

Wer sein Kind im Auto mitnehmen will, sollte unbedingt einige Hinweise beachten. Darauf verweist der ADAC Sachsen-Anhalt:

Kinder unter 1,50 Meter Körpergröße sind mit geeigneten Kinderrückhaltesystemen zu sichern.

Kinder über 1,50 Meter Körpergröße müssen mit Fahrzeuggurten gesichert werden. Dazu der Weißenfelser Dekra-Chef Andreas Knochenhauer: „Verglichen mit den Folgen für ein ungesichertes Kind im Fall eines Unfalls sind die Konsequenzen bei einem Bußgeld harmlos.“ Den Gesetzen der Justiz könne man sich widersetzen. Den Gesetzen der Physik nicht.

Die MZ hat bereits am Samstag über den „Sicheren Schulweg“ berichtet. Die Redaktion in Weißenfels will mit Hilfe der Leser den Gang zum Unterricht für die Kinder sicherer machen. Wir möchten Sie deshalb aufrufen, uns Gefahrenstellen für die Mädchen und Jungen mitzuteilen. Es können aber auch Erfahrungen geschildert werden, ob das Prinzip „kurze Beine - kurze Wege“ bereits Wirklichkeit ist.

Hinweise zu Gefahrenstellen an die MZ-Lokalredaktion per E-Mail: [email protected]

Auch die Ruhlandstraße muss der Junge überqueren, aber hier ist der Straßenverkehr nicht ganz so dramatisch. Für die Mutter steht indes fest: „Mein Kind bringe ich jeden Tag zur Schule und ich hole es von dort wieder ab.“ Wie lange? Das könne sie noch nicht genau sagen, möglicherweise ein gutes halbes Jahr, dann werde sie weitersehen. Auf alle Fälle will sie ihn mal beobachten, ob er alles richtig macht, ergänzt sie. Denn einen Schwachpunkt hat sie bereits ausgemacht - das Wissen über Verkehrszeichen, hier ist Emil-Hartmut noch ziemlich unsicher.

Sorgen der Polizei

Polizeihauptmeister Raul Reichold wünscht sich, dass es mehr Eltern im Burgenlandkreis gebe, die sich so vorbildlich um die Sicherheit kümmern wie die Weißenfelser Familie. Dass das so wenige tun, verstehe er beim besten Willen nicht. Doch die Sorgen von Polizei, Verkehrswacht und ADAC in Bezug auf die Verkehrssicherheit sind damit nicht beseitigt, die Probleme gehen weiter.

„Es ist zunehmend zu beobachten, dass bei vielen Eltern der Schulweg mit den Kindern nicht zu Fuß erlernt wird, sondern durch das Elterntaxi ersetzt wird“, sagt Christine Rettig, Pressesprecherin des ADAC in Niedersachsen/Sachsen-Anhalt. Doch der ADAC rät ab, Kinder regelmäßig mit dem Auto in die Schule zu bringen. Die Kleinen sollen durch eigene Erfahrungen sichere Verkehrsteilnehmer werden. Und es tut sich letzten Endes ein weiteres Problem im Schulalltag auf: Immer wieder werden Kinder im Auto nicht angeschnallt, bestätigt Polizeihauptmeister Reichold. (mz)