Am alten Saalearm Am alten Saalearm: Weißenfelser Binnenfischer starten durch

Weißenfels - Die Idylle ist perfekt - zwischen den hohen Bäumen auf dem Gelände der Weißenfelser Binnenfischerei brechen sich die Sonnenstrahlen in den kleinen Wellen des belüfteten Forellenteiches für Selbstangler. Die anderen beiden Teiche sind von einer dünnen Eisschicht überzogen und in den 30 Hälterbecken spült das frische Saalewasser den Zuchtfischen, die jetzt im Dezember für Weihnachten und Silvester Käufer finden sollen, die Kiemen frei.
Nichts erinnert mehr an die schlimmen Tage im Sommer 2013, als die Saale über ihre Ufer trat und nach einem Dammbruch zwischen Markwerben und Uichteritz das sechs Hektar große Fischerei-Gelände überflutet und fast die gesamte berufliche Existenz von Hubert und Saskia Reichardt, Bruder Steffen und Antje Hartung fortgespült hat.
Binnenfischereimeister: „Jetzt geht es wirklich wieder aufwärts“
„Jetzt geht es wirklich wieder aufwärts“, sagt Binnenfischereimeister Hubert Reichardt und lässt seinen Blick über die in Frost und Sonnenschein gehüllte Anlage schweifen. Die hat sich in den zurückliegenden Jahren ordentlich verändert. Wie zum Beweis stapft der 54-jährige Weißenfelser hinüber zur neuen Verarbeitungshalle des kleinen Unternehmens, das sechs Menschen beschäftigt.
Stolz führt er durch die vor etwa acht Monaten fertiggestellten hellen Räumlichkeiten. „Endlich haben wir hier wieder ein sehr hygienisches und helles Arbeitsumfeld. Es gibt sogar eine Fußbodenheizung“, sagt Hubert Reichardt, der als Gesellschafter gemeinsam mit Bruder Steffen und Antje Hartung seit 2010 das Unternehmen führt und das rund sechs Hektar große Gelände am alten Saalearm gepachtet hat.
Forelle, Lachs, Stör, Aal, Karpfen oder Lachsforelle im Räucherofen
Das einzig noch im Gebäude erhaltene Alte seien die Räucheröfen. Sie werden alle zwei Tage mit Forelle, Lachs, Stör, Aal, Karpfen oder Lachsforelle bestückt. Auch Heilbutt und Schillerlocken kommen in die Öfen, damit täglich frischer Räucherfisch in den betriebseigenen Verkauf kommen kann. In einem der neuen Verarbeitungsräume legt Mitgesellschafterin Antje Hartung die gewaschenen und vorher in Lauge aromatisierten Matjes, Bismark- und Bratheringe in Becher und verschließt sie luftdicht.
Diese Ware, die die Weißenfelser vor allem von Rostocker Betrieben beziehen, wandert bis zum Verkauf ins Minus zwei Grad kalte Kühlhaus, gefrorener Fisch wird nebenan bei minus 22 Grad gelagert. „Die neue Verarbeitungshalle bringt uns wirklich voran. Ohne die Fördermittel vom Landesverwaltungsamt hätten wir sie allerdings nicht bauen können“, betont Hubert Reichardt. Wieviel Geld genau die GbR aus dem Hochwasserfonds des Landes bekommen hat, möchte der Binnenfischereimeister aber nicht sagen. Das rufe sicher wieder Neider auf den Plan, vermutet er und verrät dann zumindest, dass er und seine beiden Mitgesellschafter nach dem verheerenden Hochwasser über 30.000 Euro aus eigener Tasche in die Verarbeitung stecken mussten.
Fischers Misstrauen gegenüber der öffentlichen Meinung
Des Fischers Misstrauen gegenüber der öffentlichen Meinung kommt nicht von ungefähr. Hat er doch erleben müssen, wie auch angebliche Freunde nach dem Hochwasser seine wertvollen Speisefische auf den Markwerbener Wiesen mit Mistgabeln getötet und mitgenommen haben, ungeachtet der Notsituation, in der sich die kleine Binnenfischerei befunden hat. „Einige haben die gestohlenen Fische sogar zu mir zum Räuchern bringen wollen“, erinnert sich der 54-Jährige kopfschüttelnd. Nur ein Einziger habe ein paar auf den überschwemmten Felder eingefangene Tiere wiedergebracht, sagt Hubert Reichardt.
Durch das Hochwasser der Saale im Juni 2013 hat die GbR, die die Binnenfischerei am alten Saalearm betreibt, 99 Prozent ihres gesamten Fischbestandes im Wert von rund 300.000 Euro verloren. Allein zwei Millionen kleine Karpfen aus der betriebseigenen Aufzuchtstation fielen der Flut zum Opfer. Auch Futter, Maschinen, Gerätschaften und Mobiliar büßte der Betrieb ein. Finanziell unterstützt wurden die Binnenfischer nicht nur vom Land, sondern auch vom Rotary-Club Weißenfels mit 3.000 Euro.
„Egal, man muss sich bewegen, damit es wieder voran geht“, sagt der erfahrene Binnenfischer und blickt dann auf den vor ihm und seinem Team liegenden verkaufsstärksten Monat des Jahres. In 22 der 30 Hälterbecken tummeln sich Karpfen, Forellen, Lachsforellen, Störe und auch Welse, die die Fischer aus dem Hafen in Halle/Trotha geholt haben.
Schuppentiere sollen vor Weihnachten und Silvester über den Ladentisch
Die Schuppentiere sollen vor Weihnachten und Silvester über den Ladentisch. „Fisch liegt im Trend“, versichert Hubert Reichardt und verweist auf die Kundschaft der Binnenfischerei am alten Saalearm. Sie käme teilweise von weit her, aus Leipzig, Halle und Wittenberg zum Beispiel. „Qualität spricht sich eben herum“, versichert der 54-Jährige. Neben dem Vorweihnachtsgeschäft halten auch andere Aufträge die sechs Mitarbeiter der Binnenfischerei auf Trapp, zum Beispiel für Notbefischungen, erzählt Hubert Reichardt.
Während der Hochwasserkatastrophe 2013 habe er in ganz Sachsen-Anhalt vergeblich nach einem Elektrofischereigerät gesucht, mit dem Fische kurzzeitig betäubt und dann aus dem Wasser geholt werden können, so wie kürzlich aus dem fünf Hektar großen Hochkippensee der Mibrag bei Bösau oder dem Parkteich in Jena. Die Binnenfischerei am alten Saalearm hat jetzt so ein Gerät und drei Leute, die die Qualifikation haben, es zu bedienen.
Mehr Informationen zur Binnenfischerei und den Öffnungszeiten vor und zwischen den Feiertagen gibt es im Internet unter: www.fischerei-weissenfels.de (mz)
