Umweltverschmutzung in Allstedt Umweltverschmutzung in Allstedt : Fäkalien-Schwall im Fluss

Allstedt - Die Rohne murmelt schon wieder munter dahin, im Schlammgraben aber steht stellenweise noch immer eine dicke, schlierige Plörre. An den Rändern und in den Zweigen querliegender Bäume hängen Fetzen von Toilettenpapier, das Gras ist von einer getrockneten Schlammschicht überzogen.
Am Dienstagmorgen waren über diesen Zufluss in Allstedt Fäkalien in die Rohne gelangt. „Ich habe es um acht gemerkt, als ich mit dem Hund unterwegs war“, berichtet Wolfgang Eckart, der Vorsitzende des Allstedter Angelvereins. „Vorn am Klärwerk war die Rohne richtig grau und schlierig.“ Er verfolgte die Spur zurück und landete an jener Stelle am Ende der Zwingerstraße, wo der Schlammgraben in die Rohne mündet.
Bereits 2017 ähnlicher Vorfall
Eckart, bei dem sofort ungute Erinnerungen an den Sommer 2017 hochkamen, informierte das Ordnungsamt. Vor knapp zwei Jahren waren nach einer Havarie in einem Schweinemastbetrieb in Osterhausen große Mengen Gülle in den Sittichenbach und von dort in die Rohne gelaufen. Fische und Kleinstlebewesen verendeten, von Osterhausen bis weit unterhalb von Allstedt war der Fluss nahezu komplett tot.
So schlimm scheint es diesmal nicht zu sein. Bis zum Mittwoch hatte Eckart keine toten Fische entdeckt. Nach der Havarie in Osterhausen waren die Tiere innerhalb weniger Stunden verendet. Bei der Stadt und auch beim Umweltamt des Landkreises versucht man trotzdem, der Ursache auf den Grund zu gehen.
Wasserverband muss Stellung beziehen
Klar ist: Die Fäkalienbrühe kam aus dem so genannten Abwurfbauwerk, das der Wasserverband Südharz an der Zwingerstraße betreibt. Allstedts Kanalnetz basiert auf dem Mischwassersystem.
Die Abwässer aus Haushalten und Betrieben laufen in die gleichen Kanäle wie das Regenwasser von Straßen und Wegen. Wenn bei Starkregen zu viel Wasser zusammenkommt und das System die Menge nicht mehr fassen kann, darf der Verband einen Teil dieses stark verdünnten Abwasser-Regen-Gemischs in den Schlammgraben und damit auch in die Rohne ableiten.
Jetzt allerdings ist ein Schwall Abwasser aus dem System in die Vorflut geschwappt, ohne dass es größere Niederschläge gegeben hätte. „Es gibt dort einen Rechen, der feste Bestandteile zurückhalten soll. Dieser Rechen war defekt und das könnte die Ursache gewesen sein“, sagt Jutta Parnieske-Pasterkamp, die Geschäftsführerin des Wasserverbandes.
Wolfgang Guhl, der direkt neben dem Abwurfbauwerk wohnt, hat aber einen anderen Verdacht: Jedes Mal nach stärkeren Niederschlägen würden Mitarbeiter des Verbandes auftauchen und an der Pumpe bauen, erzählt er. War vielleicht statt des Rechens die Pumpe defekt, so dass das komplette Abwasser nicht in Richtung Klärwerk gepumpt wurde, sondern in den Schlammgraben überlief?
Der Landkreis habe den Wasserverband zu einer Stellungnahme aufgefordert, sagt Pressesprecher Uwe Gajowski. Wasserproben hätten die Mitarbeiter des Umweltamtes nicht genommen, da es ja offensichtlich gewesen sei, dass es sich um Fäkalien handelte.
Allstedts Bürgermeister Jürgen Richter (CDU) verlangt unterdessen, dass die Stadtverwaltung mit in das Verfahren eingebunden wird. „Wir wollen wissen, welche Auflagen erteilt wurden und welche Fristen dafür gesetzt sind“, sagt Richter. Er fürchtet um den Generationengarten, den die Stadt in genau diesem Bereich einrichten möchte. (mz)
