1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Sangerhausen
  6. >
  7. Pkw fährt durch Hochwasser: Wer haftet nach „Schlammwelle“ in Brücken?

„Der fährt doch nicht hier durch?“ Pkw fährt durch Hochwasser: Wer haftet nach „Schlammwelle“ in Brücken?

Von Frank Schedwill 25.08.2021, 11:00
So eine Schlammwelle schob das Auto vor sich her
So eine Schlammwelle schob das Auto vor sich her (Foto: Schabbacker)

Brücken/MZ - „Der fährt doch nicht hier durch?“ Anwohner waren entsetzt, als sie den schwarzen Pkw sahen, der mit einer großen Schlammfontäne vor der Stoßstange beim Starkregen am Sonntag die überflutete Hauptstraße in Brücken entlangfuhr. Das Fahrzeug löste eine Art Flutwelle aus. Die braune Brühe schwappte in der Folge durch eine oder auch mehrere Haustüren.

Ermittlungen durch die Polizei wegen Sachbeschädigung müssen der Fahrer oder die Fahrerin des Wagens aber nicht befürchten. „Das Ganze ist nicht schön, aber keine Straftat“, sagt Polizeisprecher Marcel Agte, der sich das Video angesehen hat, das es von dem Vorfall gibt. Es könne ja sein, dass der Fahrer dringend von A nach B musste. Man könne ihm sicherlich keine vorsätzliche Sachbeschädigung vorwerfen, so dass er, selbst wenn er ermittelt würde, strafrechtlich kaum belangt werden könne.

Pkw blieb kurze Zeit später in Brücken liegen

Auch zivilrechtlich sei in dem Fall wahrscheinlich wenig zu machen, sagt der Bergaer Rechtsanwalt Rainald Klette. Es sei schwierig, dem Autofahrer Fahrlässigkeit oder gar grobe Fahrlässigkeit nachzuweisen. Die Beweislast liege in dem Fall bei den Opfern. Klette: „Ausreden sind in solchen Fällen Tür und Tor geöffnet“, so dass die Betroffenen eher auf ihre Versicherung angewiesen seien, wenn die denn einspringe. Allerdings warnt der Automobilclub ADAC dringend davor, auf völlig überschwemmten Straßen unterwegs zu sein. „Grundsätzlich sollten überflutete Straßen umfahren oder erst passiert werden, wenn sich die Lage entspannt hat. Oftmals lässt sich nicht genau einschätzen, wie hoch das Wasser auf der Fahrbahn steht“, sagt Sprecherin Katharina Albat.

Reiche die Wassertiefe bis zur Unterkante der Stoßstange, sei eine Durchfahrt in Schrittgeschwindigkeit gerade noch möglich: „Fährt man schneller durch niedriges Wasser, droht Aquaplaning.“ Zudem laufe man Gefahr liegenzubleiben oder sogar von der Fahrbahn gespült zu werden, so Albat. Selbst wenn Insassen mit dem Schrecken davon kommen, seien technische Schäden am Fahrzeug oft die Folge. Fährt man nämlich mit Schwung durch tiefes Wasser, droht der Motor Schaden zu nehmen. „Man spricht von einem Wasserschlag“, sagt Albat. „Das heißt, der Motor saugt Wasser statt Luft an.“ Deshalb sei es besser, das Fahrzeug stehenzulassen und abzuwarten. Auch der Fahrer des erwähnten schwarzen Pkw in Brücken kam am Sonntag nicht mehr weit. Das Auto blieb nach Berichten von Anwohnern noch im Ort liegen und musste abgeschleppt werden.