Übergabe Übergabe: Kinderärztin verlässt nach 43 Jahren ihre Praxis

thale/MZ - Einerseits wollte sie den geliebten Beruf nicht aufgeben, zum anderen schien noch nicht der geeignete Nachfolger gefunden. Doch nun hat sich die 70-jährige Kinderärztin Ellen Probsthain den Ruhestand selbst verordnet, weil alles passt. „Nach rund einer halben Million Behandlungen ist endlich Schluss“, rechnete ihr Klaus Hermann Schmidt als Direktor des medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) vor, in das die promovierte Medizinerin Ellen Probsthain in der beruflichen Schlussphase im April gewechselt ist. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits der Nachfolger fest.
Begonnen hatte die gebürtige Dresdnerin den Dienst für Thales Kinder 1970, auf dem Gelände des Krankenhauses im Goetheweg. „Es geschah im selben Jahr, als Jimmy Hendrix an Alkoholvergiftung starb“, blickte Schmidt zurück. „Durch diese lange Zeit kenne ich mich in Thale auch viel besser aus als in Blankenburg“, bekannte Probsthain, die seit damals in der Nachbarstadt wohnt. In 43 Jahren hat sie viele kleine Patienten behandelt, die inzwischen längst Eltern sind und vielleicht sogar schon Enkel in die Praxis im Musestieg 28 begleitet haben.
Eigene Enkel waren der Medizinerin, deren Sohn in Memmingen lebt und arbeitet, bisher noch nicht vergönnt. Dafür hat sie mit dem 33-jährigen Michael Wilms einen jungen Nachfolger gefunden, der bereits dreifacher Vater ist. Während sich die Seniorin künftig an musikalischen Genüssen erfreuen wird, wie sie ankündigt, wird der echte Berliner ihre Praxis weiterführen und künftig für das Wohl des Nachwuchses sorgen. Drei Monate lang hat er sich in der Praxis auf die Übernahme vorbereitet. „Ich konnte mir viel von der erfahrenen Ärztin abschauen“, bekannte er beim Start in eine eigene Praxis. „Mein Vertrag mit dem medizinischen Versorgungszentrum sichert mir eine wirtschaftliche Grundlage“, ist er dankbar, sich auch weniger um die Bürokratie kümmern zu müssen.
Für den Umzug aus der Hauptstadt in den Harz macht er seine Gattin Veronika verantwortlich. „Ich möchte in die Berge“, hat sich die aus Brandenburg stammende Hebamme bei der Wahl des Arbeitsortes gewünscht, auch wenn sie es wohnlich ins Weltkulturerbe Quedlinburg zieht.
An negative Erlebnisse möchte sich Ellen Probsthain nach 43 Jahren nicht erinnern, „vielmehr an die Dankbarkeit der Kinder und Eltern, denen ich helfen konnte.“ Das habe ihr tagtäglich immer wieder große Freude an der Arbeit bereitet. „Anderen Menschen helfen zu können, ist so schön“, nennt sie einen Grund dafür, warum sie auch weit über das Rentenalter hinaus mit Begeisterung gearbeitet und sich innerlich jung gehalten hat. Einen Teil dieser Hingabe hat sie versucht, ihrem Nachfolger zu vermitteln. Michael Wilms werde angesichts seines Alters kaum so lange praktizieren, „aber 33 Jahre sind auch eine schöne Zahl.“