Premiere Premiere: Opern-Spaß mit Seitenhieben

Halberstadt/MZ - Der walzerselige Karnevalsspaß „Eine Nacht in Venedig“, eine der erfolgreichsten Operetten von Johann Strauß, erlebte im Bergtheater Thale vielbeklatschte Aufführungen. Nun steuern die Gondeln über die festen Bretter des Nordharzer Städtebundtheaters und tragen erneut keine Trauer. Heiter wie romantisch mit von Susanne Bachmann professionell hingetupftem venezianischen Lokalkolorit schwelgt das Stück zwischen „Lagunenwalzer“ und „Komm in die Gondel, mein Liebchen“. Es gelang dem Inszenierungsteam gut, die Freiluft-Atmosphäre auf die doch etwas engere Bühne zu übertragen, ohne dass die Operette zu kompakt wirkt.
Dass die Operette „Eine Nacht in Venedig“, bei der auf dem Markusplatz „Spaß und Tollheit und Lust“ regieren, ausgerechnet in Berlin uraufgeführt wurde, gründet im Privaten: Johann Strauss wollte sich am Direktor des Theaters an der Wien rächen, mit dem seine Frau ein Techtelmechtel hatte.
Doch die Hauspremiere in Halberstadt begann nicht sehr verheißungsvoll. Tritt jemand vor den Vorhang, bevor die Ouvertüre erklingt, verheißt das Probleme. Die Fischerin Annina, die in der Freiluft-Saison spielstark und stimmlich untadlig von Annabelle Pichler gesungen wurde, musste wegen einer Erkrankung der Sängerin kurzfristig umbesetzt werden. Ihre Rolle im charmanten Verwirr- und Verwechslungsspiel, in dem fast keiner der ist, für den man ihn hält, übernahm Esther Hilsberg aus Köln.
Bewundernswert, wie sie sich galant und stimmsicher in das Operettenspektakel einfügt. Dem Harzer Publikum ist sie ja nicht unbekannt. War sie doch vor einem Jahrzehnt hier engagiert und spielte schon damals in „Madame Pompadour“ mit Gerlind Schröder, die sie nun als Politiker-Gattin Barbara oder im überregional viel beachteten „Kaiser von Atlantis“ mit Xiaotong Han, der in der Pichler-Inszenierung als Charmeur und des Herzogs Leibbarbier Caramello zu erleben ist. So wie in der Freiluft-Premiere Peter Diebschlag mit Annabelle Pichler ein klangschönes Duo bildete, vermögen Esther Hilsberg und Xiaotong Han das Operetten-Publikum zu überzeugen.
Mit ihrer pralles Komödiantentum ausstrahlenden Köchin Ciboletta hat Bettina Pierags das Publikum voll auf ihrer Seite. Mit Tobias Amadeus Schöner als stimmlich präsenter Makkaronikoch Pappacoda hat sie ein entsprechendes Pendant. „Alle maskiert, alle maskiert, wo Spaß, wo Tollheit und Lust regiert“ singt auch der stark in die Handlung integrierte Chor von Jan Rozehnal. Während Michael Korth sein Orchester gewohnt mit leichter, aber bestimmender Hand führt. Letztlich schippert der Herzog von Urbino (Juha Koskela) etwas frustriert davon. Aber der Schwerenöter hat sich ein Hintertürchen offen gehalten...