Saalekreis Saalekreis: Ehrung für mutigen Pfarrer
SCHMON/MZ. - Eine zierliche, weißhaarige alte Dame mit einem kleinen Strauß weißer Rosen hatte sich am Montag auf den Weg von ihrem Wohnort Laucha nach Schmon gemacht. Am Eingang zur evangelischen Kirche in Oberschmon wurde die 85-jährige Ursula Jebsen bereits erwartet. Pfarrer Hermann Rotermund, Ortsbürgermeister Bodo Brückner, Vertreter des Gemeindekirchenrates und einige Schmoner waren gekommen, um einem ganz besonderen Ereignis beizuwohnen.
Auf Initiative der Geschichtswerkstatt Merseburg-Saalekreis wurde am Montag in Schmon einer von sieben "Stolpersteinen" verlegt. Dazu kam auch der Initiator dieser inzwischen europaweit wirkenden Aktion, der Kölner Künstler Gunter Demnig, um den Stein persönlich in den Boden einzulassen.
Der erinnert nun an den Vater der weißhaarigen alten Dame, an Pfarrer Albert Mielke, der 1932 mit Frau und zwei Kindern nach Oberschmon kam, der sich vehement gegen die nationalsozialistische Bewegung aussprach und einen Ortsgruppenführer der NSDAP 1933 von der Liste zur Wahl der Kirchenverwaltung strich. Am 2. November 1933 wurde er von seinen Gegnern auf dem Weg von Ziegelroda nach Schmon abgepasst. Frühmorgens fand man ihn tot auf den Gleisen, offensichtlich erschlagen. Aber man stellte es als Selbstmord hin und legte den Fall beiseite.
"Mein Vater hat nie sein drittes Kind kennengelernt. Meine kleine Schwester kam drei Monate nach seinem gewaltsamen Tod auf die Welt. Heute bin ich die einzig Überlebende der Familie und sehr gerührt, dass man meinen Vater mit diesem Stolperstein ehrt", sagte Ursula Jebsen, die Krankenpflegerin gelernt und 35 Jahre als Katechetin gearbeitet hatte. Heute lebt sie bei ihrem Sohn, der als Lehrer am Gymnasium Laucha arbeitet. "Möge Gott denen vergeben, die diesen Mord begangen haben", sagte Frau Jebsen am Montag.
"Mit Unterstützung der Stadtverwaltung und vieler engagierter Helfer konnte die Verlegung dieses Steines möglich gemacht werden", hob Elena Ekkert hervor. Die Studentin absolviert derzeit ein Praktikum in der Geschichtswerkstatt. "Alle organisatorischen und finanziellen Aufgaben, die mit der Verlegung eines solchen Steines einhergehen, wurden gemeinsam gelöst. Wir bedanken uns besonders dafür, dass die Stadtverwaltung Querfurt die Finanzierung der Stolpersteine auf ihrem Territorium übernommen hat", so Elena Ekkert weiter.
Die Verlegung der sieben Steine am Montag war die vierte Aktion der Geschichtswerkstatt. Fünf Steine erinnern bereits an Opfer des NS-System. Man kooperiere dafür mit vielen Archiven und Gedenkstätten und sei auch auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. Es gibt auch eine internationale Kooperation. So wurden bereits vier "Stolpersteine" in der Ukraine verlegt. 2012 sollen erste Steine in Russland folgen.