Ehrung für einen ortsfesten Kosmopoliten
LEUNA/MZ. - Dass dies keine Selbstverständlichkeit ist, hatte zuvor Leunas Bürgermeisterin Dietlind Hagenau (parteilos) deutlich gemacht. Die Verleihung eines Literaturpreises sei für die Städte Merseburg und Leuna eine so genannte freiwillige Aufgabe und gehöre somit in jene Kategorie, in der sonst das Sparen im Mittelpunkt stehe, erklärte sie. Andererseits hätten diese freiwilligen Aufgaben aber einen großen gestalterischen Einfluss auf die Lebensqualität der Bürger. Und genau deshalb würden beide Kommunen an diesem Preis festhalten.
Die Wahl der Jury fiel in diesem Jahr auf Peter Gosse, dessen Gesamtwerk geehrt wurde. Der 70-Jährige beeindrucke als ungemein produktiver und brillanter Lyriker, als Erzähler und Dolmetscher, heißt es in der Begründung. Ähnlich Walter Bauer, der sich Zeit seines Lebens für den literarischen Nachwuchs engagierte, sei es schöner Alltag, dass Peter Gosse auch heute noch mit talentierten Jugendlichen arbeite, ihnen im besten Sinne des Wortes Rat und Lebenshilfe gebe. Zudem sei er, ganz im Sinne von Walter Bauer, mit dem mitteldeutschen Raum immer eng verbunden geblieben.
Kein Wunder, wenn Wulf Kirsten, der Walter-Bauer-Preisträger 2006, den Erzähler und Essayist in seiner Laudatio als "ortsfesten Kosmopolit" bezeichnete, dessen Lebensmittelpunkt immer Leipzig gewesen sei und der auf ein beachtliches Lebenswerk blicken könne. Peter Gosse habe neue sprachliche Möglichkeiten ausgelotet, sei dabei nicht vor radikal Neuem zurückgeschreckt und habe Maßstäbe gesetzt durch Maßstabs-Erweiterung, so Wulf Kirsten weiter.
In der vom Merseburger Cello-Duo Angela Reinking und Barbara Eimann umrahmten Festveranstaltung wurde gleichzeitig erneut das Walter-Bauer-Stipendium verliehen, das die Stadt Leuna mit Unterstützung der InfraLeuna GmbH stiftete und das mit 1 500 Euro dotiert ist. Es soll zur besonderen Förderung des literarischen Nachwuchses dienen. Der Preis ging an den 1981 geborenen Thomas Rackwitz aus Halle, der für seine Gedichte schon mehrfach ausgezeichnet wurde, unter anderem 2006 mit dem Jugend-Kultur-Preis des Landes Sachsen-Anhalt, und der 2007 seinen ersten Gedichtband veröffentlichte. Wie bereits Peter Gosse zuvor nutzte auch Thomas Rackwitz die Gelegenheit, statt großer Dankesworte Walter Bauer zu zitieren und so seine Nähe zu ihm deutlich zu machen. Die Jury wird es gern gehört haben.