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Müllerin-Forelle in neuer Variation

Von HELMUT DAWAL 29.03.2010, 17:39

KÖTHEN/MZ. - "Welcher Tisch soll welche Nummer bekommen?" Der Mann, der die Registrierkasse einrichten will, wedelt mit einem Blatt in der Hand herum. Christian Brackhahn ist sich nicht recht schlüssig. Und vertraut auf die Erfahrung des Fachmanns. "Die meisten vergeben die Tischnummern im Uhrzeigersinn", rät dieser. "Dann machen wir es auch so", sagt Brackhahn.

Der 24-Jährige hat in den letzten Tagen und Wochen unglaublich viel zu tun gehabt: Renovierungsarbeiten, Kontaktaufnahme mit Lieferanten, Behördengänge, Personalsuche, Einladungen verschicken und vieles andere mehr. Und je näher der 1. April kommt, umso größer wird die innere Anspannung.

"Wird es den Leuten gefallen? Und treffe ich mit den Speisen auch ihren Geschmack? Diese Fragen geistern mir schon seit Tagen durch den Kopf und lassen mich nicht mehr ruhig schlafen", äußert der junge Mann.

Donnerstag schlägt die Stunde der Wahrheit. Christian Brackhahn eröffnet in der Leipziger Straße sein eigenes Restaurant, "Christian´s" hat er es genannt. Der Köthener, das ist sein erklärtes Ziel, will sich von anderen Lokalen unterscheiden und "gehobene Gastronomie" anbieten. Dafür hat er sich in den vergangenen vier Jahren viele Anregungen geholt und will sie nun umsetzen. Christian hat in einer Großküche Koch gelernt. Die Großproduktion war aber nicht sein Ding, er wollte gern individueller kochen, dabei eigene Ideen umsetzen und hatte zunächst in Nürnberg die Gelegenheit, in einem renommierten Hotel zu arbeiten. Sein Arbeitgeber dort war Klaus Kobjoll, der mit dem "Schindlerhof" unter anderem acht Mal den Grand Prix der deutschen Tagungshotellerie gewonnen hat. "Da habe ich unter erstklassigen Bedingungen richtig kochen gelernt", sagt er.

Das reichte ihm aber noch nicht aus, Christian Brackhahn wechselte nach Hannover auf "Die Insel", ein Spitzenrestaurant, das hohe Punktzahlen im Gault Millau und einen Stern im Guide Michelin aufweist. In Hannover konnte der Köthener an der Seite von Sterne-Koch Norbert Schu sein Wissen weiter vertiefen und hat in dieser Zeit auch Prominente bekocht, unter ihnen Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, Guido Westerwelle, die "Scorpions" sowie weitere Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft.

Über ein Jahr ist er zwischen Hannover und Köthen gependelt, hatte nur wenig Zeit für seine Lebenspartnerin Linda Meyer und Töchterchen Lara. "Deshalb habe ich mich entschlossen, in Köthen zu bleiben und mich selbständig zu machen." Er schaute sich in der Stadt um, sah sich auch den Ratskeller an. "Der war mir eine Nummer zu groß", sagt er. Letztlich fiel die Entscheidung auf das frühere Lokal "An der Martinskirche" in der Leipziger Straße, das seit August 2008 leer steht. Christian Brackhahn hat es gepachtet und nutzt für seinen Start als Selbständiger auch Existenzgründerprogramme. Zu fünft soll "Christian´s" bewirtschaftet werden - Christian ist der Küchenchef, mit ihm arbeitet noch ein zweiter Koch. Partnerin Linda bestreitet mit zwei Mitarbeiterinnen den Service im Lokal, das im Hauptraum 30 und in einem kleineren Raum 20 Gästen Platz bietet.

"Klassische Gerichte, neu interpretiert"- dieses Motto hat sich Christian Brackhahn auf die Fahne geschrieben. Und was man sich darunter vorstellen kann, macht er am Beispiel der Forelle "Müllerin Art" deutlich, zu der traditionell Petersilienkartoffeln und ein Scheibe Zitrone serviert werden. Brackhahns neue Interpretation sieht so aus, dass aus der Forelle die Gräte entfernt wird. Das Fischfilet wird mit einer Petersilienfarce gefüllt, zusammen gerollt, mehliert und dann gebraten. Dazu bereitet er ein Zitronenkartoffelpürree und gibt eine Petersilienschaumsoße darüber. Die Fischgräte wird ausgekocht, der entstehende Fischfond weiterverarbeitet. "Ich setze auf den natürlichen Geschmack, irgendwelche Geschmacksverstärker werden bei mir nicht verwendet", betont Brackhahn und fügt hinzu: "Verwendet werden nur frische Erzeugnisse von regionalen Herstellern." Ergänzt wird seine Speisekarte durch "Cross over"-Gerichte - leichte Kost, in die weltoffene Kochkunst mit einfließt. Die Weinkarte hält Saale-Unstrut-Weine und Klassiker aus Europa parat.

Mit 15 Jahren entdeckte Christian Brackhahn seine Liebe zum Kochen, half sonntags seiner Mutter in der Küche. Daraus entwickelte sich Stück für Stück eine Leidenschaft, die er nun in seinem eigenen Lokal ausleben will.

Eröffnet wird das Restaurant am 1. April um 17 Uhr. Die weiteren Öffnungszeiten zu Ostern: Freitag und Sonnabend ab 17 Uhr, Sonntag und Montag 11 bis 14 und ab 17 Uhr. Telefon: 03496 / 40 29 44