Besonderer Balljunge an der Jakobskirche
Köthen/MZ. - Gemeint war Bauminister Karl-Heinz Daehre (CDU), der am Freitagmittag an der Südseite der Köthener Jakobskirche in einen Korb kletterte und sich von den Dachdeckern ein paar Meter in die Luft ziehen ließ, wobei Dietmar Kurch per Strick dafür sorgte, dass der Korb sich in Pendeln geriet.
Bälle für Barometer
Was auch wichtig war: Der Minister benötigte als "Balljunge" eine ruhige Hand dafür, weitere Tennisbälle in das "Spendenbarometer" der Kirche einzufüllen, das Auskunft darüber gibt, wie weit die Kirchengemeinde damit fortgeschritten ist, die Mittel für die Sanierung des Innenraums der Kirche zusammenzubringen. Bei diesem Vorhaben kommen die anteiligen Mittel aus dem Programm "Städtebaulicher Denkmalschutz" gerade recht. Karl-Heinz Daehre hatte einen Bewilligungsbescheid über runde 1,3 Millionen Euro mit nach Köthen gebracht und zeigte sich sehr erfreut darüber, dass Köthen auch den Kirchen der Stadt aus diesem Topf Geld in Größenordnung zukommen lassen wolle.
Geld, das benötigt wird. Bei Sankt Jakob geht es um 300 000 Euro, die man zusammenbekommen muss, und Pfarrer Dietrich Lauter ist überzeugt, dass man diese Summe letzten Endes aufbringen werde, "auch wenn anfangs niemand so recht daran geglaubt hat". Beeindruckend ist auch das Tempo, in dem man das Geld zusammengetragen hat: Ziemlich genau ein halbes Jahr ist es her, dass der Auftakt zur Finanzierungsaktion gegeben wurde. In der verschiedene Einzelvorhaben auf das große Ziel ausgerichtet waren. Die vielleicht öffentlichkeitswirksamste davon war der symbolische Verkauf der 216 Treppenstufen in einem der Jakobs-Kirchtürme. "Inzwischen sind nur noch sechs Stufen übrig", informierte Lauter. Mit anderen Worten: Allein mit dem Stufenverkauf hat man bislang 52 500 Euro eingeworben.
Nur wenige Gehminuten von St. Jakob gehen zwei weitere Sanierungsvorhaben an Kirchen in Köthen so langsam ihrem Ende entgegen. Mit der katholischen Marienkirche, so bekräftigte Architekt Heinfried Stuve vom Büro AAD, werde man Anfang 2009 fertig sein. Dann wird man in die Sanierung des Bandhauer-Baus, der nach Einschätzung der Landeskonservatorin von "nationaler Bedeutung" ist, etwas mehr als 800 000 Euro investiert haben. Auch hier hat die Gemeinde einen immensen Eigenanteil aufgebracht - 170 000 Euro wurden über Jahre hinweg angespart.
Vier Wochen Vorsprung
"Wir haben vier Wochen Vorsprung", sagte Stuve. Derzeit seien in der Kirche acht Putzer, zwei bis vier Maurer sowie etwa sechs Maler täglich beschäftigt. "Wir gehen jetzt aus der Tonne heraus langsam nach unten mit den Arbeiten", erläuterte der Architekt. Noch nicht beplant seien die Fenster des Gotteshauses, dafür habe man erst die Bewilligung abwarten wollen.
St. Agnus fast wie neu
Während es in St. Marien sehr nach Baustelle aussieht, wirkt St. Agnus schon fast wie neu. Viele Jahre lang sind hier Mittel in die Sanierung geflossen - mit sichtbarem Erfolg, wie sich Daehre überzeugen konnte. Gleichzeitig war Winfried Mylius vom Förderverein für St. Agnus clever genug, den Minister dorthin zu führen, wo in der Kirche noch Finanzierungsbedarf besteht: Die Sakristei ist ein solcher Ort und der Fürstenstuhl eine Etage darüber auch. Dazu benötigt man noch Geld u.a. für den Fußboden, den Rahmen des riesigen Stifterbildes, für die Emporenkassetten und das Gestühl. Winfried Mylius spricht von 300 000 Euro, um die es geht, ist aber nicht ganz sicher, "ob das wirklich ausreichen wird".
Karl-Heinz Daehre nutzte die Gelegenheit der Übergabe des Bewilligungsbescheides, um mal zehn Jahre nach vorn zu blicken. Sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin im Amte, die würden vermutlich sagen: "Der Daehre, der hatte noch viel Geld zu verteilen." Umso mehr sei ein sinnvoller Einsatz der Mittel notwendig und das Programm "Städtebaulicher Denkmalschutz" sei in dieser Hinsicht besonders erfolgreich. Nicht zuletzt auch deshalb, weil man in ihm eine 80-prozentige Förderung erhält; 40 Prozent steuert der Bund bei, weitere 40 Prozent das Land. Das eröffnet auch Privaten die Chance, an denkmalgeschützten Bauten als Sanierer tätig zu werden.
Ausgewogenes Maß
Das habe man in Köthen auch immer unterstützt, unterstrich Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander (SPD). Man habe ein ausgewogenes Maß zwischen öffentlichen und privaten Maßnahmen gefunden, um der Köthener Altstadt ein geschlossenes Bild zu geben.
Nach Daehre sind seit dem Jahr 2000, als die Gesamtmaßnahme "Historische Altstadt" in das Förderprogramm aufgenommen wurde, rund fünf Millionen Euro Fördermittel an die Stadt geflossen. "Das sind wahrlich keine homöopathischen Dosen", flachste der Minister. "Und wir sind verantwortungsbewusst mit dem Geld umgegangen", stellte der OB fest.
Mit den jetzt zusätzlich bereitgestellten Mitteln will die Stadt besonders den Ausbau des Brauhausplatzes und der Gartenstraße voranbringen. Außerdem ist die Sanierung des kulturhistorisch bedeutsamen Ensembles Magdeburger Straße 18 vorgesehen. Und die drei Kirchen der Stadt erhalten immerhin 200 000 Euro aus dem Fördertopf.