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Auf Hilfe angewiesen Auf Hilfe angewiesen: Akener Tierlehrer Krenzola ist durch Corona in Not

Von Sylke Hermann 07.02.2021, 08:00
Jochen Träger-Krenzola gerät in dieser Pandemie an seine Grenzen. Inzwischen ist er dankbar, dass ihn so viele Menschen unterstützen.
Jochen Träger-Krenzola gerät in dieser Pandemie an seine Grenzen. Inzwischen ist er dankbar, dass ihn so viele Menschen unterstützen. Ute Nicklisch

Aken - Die Hunde sind noch draußen. Er ruft laut nach ihnen. Es ist dunkel geworden, ungemütlich und es regnet. Jochen Träger-Krenzola würde sich gern für einen Augenblick in seinen Wagen setzen - und telefonieren. Aber erst die Hunde.

Der Tierlehrer ist seit Monaten zu Hause. Wegen Corona. „Aber ich wollte es auch so“, erzählt er. Denn lange bevor das Virus um sich greift, entschließt er sich, weniger zu reisen. Stattdessen lässt er seine Tiere immer häufiger zu Hause in Aken vor Publikum auftreten und ihre Kunststücke präsentieren. Ein Riesenspaß für Kinder und die Älteren. Viele Besucher erinnern sich gern daran - und greifen dem 54-Jährigen, der ohne Zirkusauftritte keine Einnahmen hat, beherzt unter die Arme.

„Ich stehe für Unterhaltung und habe mein Leben lang eine Leistung erbringen können - und sei es nur, dass jemand die Hunde streicheln konnte.“

Bei ihm zu Hause am Mennewitzer Weg ist ein wahres Tierparadies

In der jetzigen Situation sei es schwer für ihn, eine Gegenleistung für Futter- oder Geldspenden zu erbringen. Kontakte müssen reduziert werden, Treffen seien unmöglich, Vorführungen erst recht. „Es ist ein großer Schritt für mich, dass ich diese Hilfe annehme“, sagt Jochen Träger-Krenzola.

Bei ihm zu Hause am Mennewitzer Weg ist ein wahres Tierparadies. Er muss gar nicht lange überlegen, um all seine Schützlinge aufzählen zu können: vier Hunde, zwei Füchse, ein Waschbär, sieben Katzen, drei Ziegen, acht Schweine, 45 Enten, zwei Gänse, vier Puten, 20 Hühner, 40 Tauben und zehn Papageien. Und alle haben Hunger. Jochen Träger-Krenzola gerät in dieser Pandemie tatsächlich an seine Grenzen. Inzwischen ist er dankbar, dass ihn so viele Menschen unterstützen.

Seit ein paar Tagen häufen sich die Hilfsangebote. Kürzlich habe eine Frau in den sozialen Medien gefragt, wie viel Hundefutter er denn bräuchte. Doch er könne diese Frage nicht beantworten. Stattdessen habe er alle Tiere aufgezählt, die Hundefutter fressen - und damit die Antwort einfach offengelassen. Für ihn ein gangbarer Weg.

Jochen Träger-Krenzola ist sein Leben lang unterwegs gewesen

Nicht arbeiten zu dürfen, setzt dem Akener inzwischen arg zu. Er spricht von Resignation, von Zukunftsängsten. Doch er ist vom Sternzeichen Fisch; „das sind Optimisten“, erklärt er und beschreibt seine Lage dennoch als schwierig. „Ich kann ja nicht weg. Ich habe die Tiere und damit die Verantwortung.“ Er könnte also gar keine Arbeit irgendwo annehmen und seine Schützlinge zurücklassen; „das ist der Nachteil“.

Jochen Träger-Krenzola ist sein Leben lang unterwegs gewesen, immer mit seinen Tieren, denen er kuriose Kunststücke beibringt. Doch seit einem Jahr gibt es für ihn nahezu keine Möglichkeit mehr zu arbeiten. Bis auf ein paar Wochen im Sommer, als der Zirkus Charles Knie im niedersächsischen Einbeck einen kleinen Freizeitpark eröffnet.

Jochen Träger-Krenzola soll dabei sein. „Alle waren total happy, die Leute unterhalten zu dürfen. Es war sensationell, dass wir unsere Arbeit machen konnten. Wir haben alle auf Wolke sieben geschwebt.“

„Es ist schon schön, wenn sich die Leute nach den Tieren erkundigen“

Fantastische Wochen seien das gewesen. Ein hoffnungsvolles Aufflammen. Mehr nicht. Zu Hause hilft ihm die Erinnerung an diese Zeit, die täglichen Herausforderungen irgendwie zu meistern. Niemand aus der Zirkusfamilie würde jammern, das baue ihn auf. „Trotzdem“, beschreibt Jochen Träger-Krenzola, „stoße ich an meine Grenzen und weiß manchmal nicht, wo vorne und hinten ist.“ Zumal es nicht nur an Futter für seine Tiere fehlt. Die Vogelgrippe stellt ihn vor zusätzliche Herausforderungen. Geflügel muss im Stall bleiben. Damit steigt zum Beispiel der Bedarf an Einstreu.

Inzwischen ist Jochen Träger-Krenzola fast ein bisschen erleichtert, dass seine Lage über einen Facebook-Eintrag öffentlich geworden ist. „Vielleicht sind meine Bedenken, Hilfe anzunehmen, tatsächlich unbegründet. Ich möchte nur“, betont er, „dass die Leute wissen, dass ich mir von dem Geld keine Schokolade kaufe, sondern es wirklich für die Tiere nehme.“

Das Telefon steht mittlerweile kaum noch still. „Es ist schon schön, wenn sich die Leute nach den Tieren erkundigen.“ Ihn tröstet, dass er sich irgendwann gewiss revanchieren kann - nach Corona. (mz)