Tragödie Tragödie : Warum liegt Senior 20 Minuten von seiner Morgenrunde entfernt tot im Bach?

Zahna - Wenn Besuch kommt, springt „Findus“ sofort auf die Couch. Der Mischlingsrüde wartet traurig auf sein Herrchen, der seit über einer Woche nicht mehr am Leben ist. Diesen haben Verwandte im Rahmen eines Großeinsatzes (die MZ berichtete) bei den Zahnaer Wassertoren leblos aufgefunden. Seitdem herrscht in der Familie tiefe Trauer.
Enkelin: „Jetzt fange ich langsam an zu trauern“
„Hier auf der Couch hat immer mein Opa gelegen“, erklärt Enkelin Dorothee Bäck und streichelt dem Vierbeiner über den Kopf. Die 33-Jährige beschreibt die Ereignisse der vergangenen Woche mit Tränen in den Augen. „Jetzt fange ich langsam an zu trauern“, so die Mitarbeiterin des Kreissportbundes, die als Mitglied der Feuerwehr Mühlanger mit in die zweitägige Suchaktion eingebunden gewesen ist und sich im Namen der Familie bei allen Kameraden der eingesetzten Feuerwehren, Polizei, Hundestaffeln, Nachbarn und Freunden für den unermüdlichen Einsatz bedankt.
Trotz der Gewissheit, dass der 77-Jährige nicht mehr am Leben ist, kehrt in das Haus an der Rahnsdorfer Straße keine Ruhe ein. „Es kocht ständig alles hoch“, sagt Bäck, die ihrer Oma Barbara seit Tagen tröstend zur Seite steht. Denn alle plagt eine Frage: Warum liegt der 77-Jährige etwa 20 Minuten Fußweg von seiner eigentlichen Morgenrunde entfernt tot im Bach? „Er war kein Mensch, der gern ins Wasser gegangen ist“, versucht die 33-Jährige die Stimmung etwas aufzuhellen.
Enkelin: Inzwischen kann Oma ein wenig schlafen
Zwei Kerzen auf dem Rand der Brücke weisen auf den Fundort hin. Oma, sagt sie, hat der Verlust ihres Mannes sehr getroffen. Verwandte haben sich die ersten Tage rund um die Uhr um sie gekümmert, inzwischen kann Oma ein wenig schlafen. Selbst wenn die ersten Tränen längst getrocknet sind, kommen täglich neue hinzu. Seit dem gestrigen Montag laufen die Vorbereitungen zur Beerdigung. „Das wird im engsten Freundeskreis passieren“, meint Bäck, die weiß, dass der tragische Unglücksfall Stadtgespräch Nummer eins ist. Beim Blättern im Fotoalbum sowie in Gesprächen mit der Oma hat die 33-Jährige ganz neue Seiten von ihrem Großvater kennengelernt.
Als junger Mann sei er ein lebenslustiger Typ mit einem trockenen Humor gewesen, sie habe ihn mehr als Menschen, der Wert auf einen geregelten Tagesablauf legt, erlebt. Selbst Tage nach seinem Tod, sieht Dorothee Bäck den 77-Jährigen dort auf der Couch sitzen, wo jetzt „Findus“ wartet. Schlager, Stimmungslieder oder Sportsendungen im Fernsehen sind seine Welt gewesen, die täglichen Runde mit dem Hund ein Ritual.
Ermittlungsverfahren zur Klärung der Todesursache läuft weiter
Die Enkeltochter des Verstorbenen hat als Mitglied der Feuerwehr Mühlanger gelernt, mit Grenzerfahrungen umzugehen. Einen Brand löschen oder einen Toten finden sind aus ihrer Sicht zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Deshalb hat sie Mitleid mit den „drei Männern aus der Familie“, die ihren Verwandten im Bach unter der Brücke gefunden haben. „Sie haben sich freiwillig entschlossen, den Suchradius auszudehnen.“ Dann laufen Tränen über beide Wangen.
Das von der Polizeidirektion Dessau-Roßlau eingeleitete Ermittlungsverfahren zur Klärung der Todesursache läuft weiter.
(mz)