1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Jessen
  6. >
  7. Schiedsleute sind gewählt

Schiedsleute sind gewählt

Von Frank Grommisch 13.03.2008, 16:51

Jessen/MZ. - Reichlich Erfahrung

Liane Friedrich kann auf eine umfangreiche Erfahrung in diesem Ehrenamt verweisen, verdeutlichte sie in ihrer Vorstellung. Bereits seit 1994 ist die Morxdorferin als Schiedsfrau tätig, zuvor in der Verwaltungsgemeinschaft Elster-Seyda-Klöden, nach der Eingemeindung von Seyda dann in Jessen. Seitdem hatte sie sich mit fünf Fällen zu befassen, zudem zehn Anfragen, die so geklärt werden konnten, dass es zu keinem Streit kam, wie sie erläuterte.

Mit seinem Kollegen Conrad Lindner musste sich Hans-Dieter Rost in Jessen in den zurückliegenden fünf Jahren 42 Schlichtungsverfahren widmen. Im Durchschnitt acht pro Jahr. Das höre sich nicht viel an, "aber wie viel Ängste, Besorgnisse, nicht geschlafene Nächte, vorherige streitige bis verletzende Diskussionen stecken hinter dieser kleinen Zahl". 35 dieser Verfahren endeten mit einem Vergleich, berichtete der Jessener. Das sei eine Erfolgsquote von 85,4 Prozent. Der Bundesdurchschnitt liege bei 55 Prozent. 34 der 42 Verfahren seien zivilrechtlicher Art gewesen. "Das sind also Streitfälle, wenn der Baum des Nachbarn zu hoch oder zu breit wird, wenn die Hecke über die Grenze wächst, wenn das Traufwasser vom Nachbarn rüberkommt oder der Hund zu lange bellt, zu viele Katzen vom Nachbarn gehalten oder nur gefüttert werden, die dann ihre kleinen und großen ,Geschäfte' im Gemüsebeet ablegen", skizzierte der Schiedsmann sein Tätigkeitsfeld bis hin zur ignorierten Hausordnung.

Hans-Dieter Rost erläuterte den Abgeordneten kurz, dass Schiedsleute bei einem Streitwert bis zu 750 Euro obligatorisch vorgeschaltet sind. "Das heißt, kein Gericht in Sachsen-Anhalt nimmt eine Klage an", wenn nicht zuvor vor der Schiedsstelle versucht wurde, die Geschichte zu klären. "Freiwillig kann vor uns jedoch über Streitwerte in unbegrenzter Höhe geschlichtet werden." Der Jessener erwähnte auch: Wenn wir vor der Schiedsstelle zu einem Vergleich kommen und den im Protokoll festlegen, gilt dieser Vertrag lebenslänglich, mindestens aber 30 Jahre und ist solange auch einklagbar." Lediglich notariell zu beurkundende Verträge und Streitigkeiten aus dem Arbeitsrecht hätten vor einer Schiedsstelle nichts zu suchen.

Auf Aktenberg

Der Jessener wünschte sich, dass zu der bis 1994 herrschenden Praxis zurückgekehrt wird. Damals konnte das polizeiliche Protokoll mit einer Empfehlung der Staatsanwaltschaft sofort an die zuständige Schiedsstelle weitergeleitet werden, zum Beispiel beim Laden- oder Fahrraddiebstahl und beim Schuleschwänzen. Heutzutage gehen die Akten an die Staatsanwaltschaft, landen auf (oder unter) einem großen Berg anderer Vorgänge... Schiedsstellen könnten die Angelegenheiten innerhalb weniger Wochen verhandeln.