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Protest in Wippra Protest in Wippra: Bunte Tücher gegen geplante Schließung der Grundschule

Von Anke Losack 09.02.2014, 21:19
Amy (vorn) und Else bringen mit ihren Muttis Lucille Zobel und Elke Hablasch Tücher an einem Zaun an.
Amy (vorn) und Else bringen mit ihren Muttis Lucille Zobel und Elke Hablasch Tücher an einem Zaun an. Schumann Lizenz

Rammelburg/Wippra/MZ - Die vierjährige Else weiß, warum sie mit ihrer Mama Elke Hablasch bunte Bänder an den Zaun am Feuerlöschteich in Rammelburg hängt: „Böse Buben wollen die Schule schließen“, sagt sie. Gemeint ist die Grundschule in Wippra, die sie in ein paar Jahren besuchen will. Eltern, Großeltern, sogar Urgroßeltern zukünftiger und derzeitiger Schüler wollen sich gegen eine drohende Schließung wehren. Zu einem ersten Ausdruck des Protests haben sich am Sonntagmorgen mehr als 40 Leute zusammengefunden und brachten in Rammelburg, Friesdorf und Wippra bunte Bänder, Fähnchen und Plakate an Zäunen, Geländern, Bäumen und Hecken an.

Eine Verordnung des Landes Sachsen-Anhalt vom Mai vergangenen Jahres legt die Mindestschülerzahlen in den einzelnen Schulformen fest. Demnach haben Grundschulen mit 60 Schülern nur noch bis 31. Juli 2017 Bestand, darüber hinaus müssen mindestens 80 Schüler am Standort lernen. Der Landkreis Mansfeld-Südharz hat in Abstimmung mit Eltern- und Schülervertretungen den Entwurf eines Schulentwicklungsplanes erstellt. Dieser dokumentiert unter anderem die Schließung von Grundschulen aufgrund rückläufiger Schülerzahlen. Demnach ist die in Wippra zum 31. Juli 2015 zu schließen. Die Abc-Schützen der Ortsteile Abberode, Braunschwende, Friesdorf, Hermerode, Molmerswende und Ritzgerode werden ab dem Schuljahr 2015/16 der Schule in Mansfeld zugeordnet. Im darauffolgenden Schuljahr sollen die anderen Jahrgänge folgen. Durch den Wechsel wird die Mindestschülerzahl unterschritten - das Aus für die Grundschule Wippra.

Die Aktion „Sachsen-Anhalt wird bunt“ ist am kommenden Samstag in Sandersleben geplant. Um 11 Uhr treffen sich Eltern und die Bürgerinitiative Pro Sandersleben am Kreisverkehr zu einem „bunten Protest“. Auch in anderen Landkreisen wird die Aktion durchgeführt. So wurde am Sonntag in der Stadt Werben (Landkreis Stendal) der Marktplatz mit Plakaten bunt gestaltet.

Der Schulentwicklungsplan des Landkreises wird am 19. Februar im Kreistag zur Abstimmung gebracht. Die Bürger rund um Wippra wollen aber nicht abwarten, was dabei herauskommt, sondern machen nun ihre Position öffentlich deutlich. Mit der Aktion am Sonntag folgten sie dem Aufruf des landesweiten Bündnisses „Grundschulen vor Ort“, das sich für den Erhalt kleiner Grundschulen gegründet hat und nun zu der Aktion unter dem Motto „Sachsen-Anhalt wird bunt“ aufgerufen hat. Innerhalb von 48 Stunden trommelte Peggy Jung (36) aus Rammelburg über soziale Netzwerke Eltern von Kindern der Grundschule und der Kindertagesstätte „Lustige Spatzen“ aus Wippra zusammen. Muttis, schwangere Frauen, Väter mit Kinderwagen, Omas und Uromas - sie alle kamen nach Rammelburg. Und sie alle haben Zukunftssorgen.

Der Sohn von Peggy Jung ist eineinhalb Jahre alt. „Er soll mal in Wippra zur Schule gehen“, sagt sie. Dass anhand von Prognosen Schulen geschlossen werden sollen, ist für sie unverständlich. „Wie können Politiker sagen, wie viele Kinder geboren werden? Sind die Politiker Hellseher?“, fragte die junge Frau und stellte mit ihren Eltern am Rammelburger Feuerlöschteich ein Plakat mit der Aufschrift „Wir wollen unsere Schule in Wippra behalten“ auf. Auch Kerstin Schröder, die Leiterin der „Lustigen Spatzen“, engagierte sich mit. 60 Kinder gehen derzeit in die Kita, die zukünftigen Wippraer Grundschüler. „Wir wollen die Schule behalten“, sagte sie und machte dann ihrem Unverständnis Luft: „Der Ministerpräsident will junge Leute nach Sachsen-Anhalt zurückholen. Und wenn sie zurückkommen, ist die Infrastruktur hier zerstört.“ Und eine Mutti hakt ein: „Das Verwerfliche ist, dass es gegen die Jüngsten der Gesellschaft geht.“ Die Politik gehe den falschen Weg, fügte Schröder hinzu.

Nach dem „Schmücken“ von Zäunen und Bäumen in Rammelburg fuhren die Eltern weiter nach Friesdorf, hängten an der dortigen Wipperbrücke Fahnen und Girlanden auf. Dann ging es weiter nach Wippra, wo im Park und an der Straße Plakate angebracht wurden. Immer unter den Augen von Walter Helbling, Bündnissprecher von „Grundschulen vor Ort“. „Es ist toll, wie sich die Leute hier engagieren“, sagte er und verwies darauf, dass weitere Orte der Aktion folgen werden.

Ein T-Shirt hängt an der alten Eiche in Rammelburg.
Ein T-Shirt hängt an der alten Eiche in Rammelburg.
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