1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Unfallpiste A14: Unfallpiste A14: Wie geschult sind Lkw-Fahrer in Krisensituationen?

Unfallpiste A14 Unfallpiste A14: Wie geschult sind Lkw-Fahrer in Krisensituationen?

Von Oliver Müller-Lorey 02.12.2017, 12:00
Denis Gregus (links) hat Fahrschüler Ronny Meinicke (rechts) immer im Blick. Lkw-Fahren verlangt viel Konzentration.
Denis Gregus (links) hat Fahrschüler Ronny Meinicke (rechts) immer im Blick. Lkw-Fahren verlangt viel Konzentration. Müller-Lorey

Halle (Saale) - Dieser Tage wird auf der Autobahn 14 die letzte Baustelle abgebaut. Das bedeutet nicht nur freie Fahrt für Auto- und Lastwagenfahrer, sondern auch den Wegfall eines gefährlichen Unfallschwerpunkts. Allein in diesem Jahr sind auf dem sachsen-anhaltischen Stück der Autobahn fast ein Dutzend Menschen ums Leben gekommen - oft, weil Lastwagen auf Stauenden vor Baustellen gefahren sind.

Noch immer fragen sich viele: Wie kann das passieren? Und: Wie werden Lastwagenfahrer überhaupt ausgebildet, um in gefährlichen Situationen richtig reagieren zu können? Einer, der in seinem Leben schon hunderte Brummi-Fahrer ausgebildet und ihnen zum Führerschein verholfen hat, ist Fahrlehrer Denis Gregus. Er ist Geschäftsführer des FBZ, des „Fahrerbildungszentrums“ mit Sitz in Halle und Eisleben, sitzt aber auch selbst noch „auf dem Bock“ und bereitet seine Schützlinge auf die praktische Prüfung vor.

Lkw-Fahrschule in Halle (Saale): Bei Denis Gregus lernen Fahrschüler, vorausschauend zu fahren

An einem grauen Novembermorgen sitzt er auf dem mittleren der drei Sitze im Fahrschul-Lkw und bringt Ronny Meinicke das Fahren bei. Wobei, fahren kann der 37-Jährige schon, nun geht es um den Feinschliff, kurz vor der Prüfung.

Delitzscher Straße, stadteinwärts: „Und schön ausrollen lassen. Vorausschauend fahren, da hinten ist rot“, sagt Fahrlehrer Gregus im entspannten Ton. „So ist’s super.“ Vorausschauend fahren, das ist ihm bei seinen Fahrschülern besonders wichtig. Sie sollen lernen, nicht mit Tempo 50 an die Autoschlange vor der roten Ampel heranzufahren und dort eine Vollbremsung hinzulegen. Gleiches gelte für die Autobahn: „Ich plädiere immer für eine vorausschauende Fahrweise. Aber besonders bei Lastwagen ist das wichtig. Allein das Zugfahrzeug wiegt 10,2 Tonnen“, sagt Gregus. Mangelnde Aufmerksamkeit und zu spätes Bremsen könnten da schnell tödliche Folgen haben.

Fahrschule für Lkw-Fahrer: Ungeheure Kraft steckt unter der Motorhaube

Fahrschüler Ronny Meinicke hat die Ampel inzwischen passiert, es geht Richtung B 100. Vom Führerhaus des Lastwagens aus wirken die Straßen um einiges schmaler als aus einem Auto.

Unter dem luftgefederten Sitz, der jede Bodenwelle ausgleicht, ist die ungeheure Kraft von 420 PS zu spüren: „Nimm ruhig die zweite Hand auch noch ans Lenkrad“, mahnt Gregus. Bei so viel Kraft sollte man das Steuer schließlich immer fest im Griff haben.

Ronny Meinicke steht seine Prüfung in wenigen Tagen bevor. Den normalen Lkw-Führerschein hat er schon geschafft, jetzt fehlt nur noch der Zusatz für den Anhänger. 75 Minuten dauert die Fahrprüfung, dazu kommen Sonderaufgaben wie das Einparken, Heranfahren an eine Laderampe oder das Verbinden und Trennen von Zugmaschine und Anhänger. Für Meinicke ist das Lkw-Fahren ein Wunschberuf. „Ich habe vorher in der Container-Montage gearbeitet, aber wollte weg vom Bau. Und Fahren tue ich nun einmal sehr gerne“, sagt er.

Unfallpiste A14 bei Halle (Saale): Lkw-Fahrschullehrer kritisiert ausgeschaltete Notbrems-Assistenten

Wie die vielen Unfälle mit Lastwagen auf der A14 in diesem Jahr passieren konnten, kann sich der 37-Jährige nicht erklären. Er jedenfalls bekommt von Fahrlehrer Gregus immer wieder die vorausschauende und defensive Fahrweise eingetrichtert. Das allein würde schon viele Unfälle verhindern, sagt Gregus.

Und dann gibt es ja noch die Notbrems-Assistenten. „Dass manche Lkw-Fahrer die ausschalten, halte ich für einen großen Fehler“, sagt er. Im Fahrschul-Brummi sind neben dem Notbremssystem auch ein Spurhalte-Assistent und ein Radarsystem eingebaut, das die Umgebung scannt. Nähert sich ein Fahrschüler zu sehr der Fahrbahnbegrenzung, gibt der Lastwagen ein brummendes Geräusch von sich.

Die beiden Männer sind inzwischen wieder auf dem Weg zum Parkplatz in der Delitzscher Straße, wo der Laster zum Fahrerwechsel kurz zwischengeparkt wird. Europachaussee stadteinwärts, 70 Kilometer pro Stunde sind erlaubt. „Aber du musst die 70 nicht ziehen“, sagt Gregus. In den Kurven beginnt der Lastwagen bei dem Tempo nämlich ganz schön zu schwanken. Ronny Meinicke hat das Steuer - mit beiden Händen - dennoch fest im Griff und seinen Blick aufmerksam auf die Straße vor ihm gerichtet. Wer ihn auf der A14 bald hinter sich hat, der braucht sich wohl keine Sorgen zu machen. (mz)