1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Türsteher des Berliner Clubs Berghain: Türsteher des Berliner Clubs Berghain: Sven Marquardt ist der König der Pförtner

Türsteher des Berliner Clubs Berghain Türsteher des Berliner Clubs Berghain: Sven Marquardt ist der König der Pförtner

Von Detlef Färber 11.03.2015, 21:07
Sven Marquardt in Halle beim Aufbau seiner Schau.
Sven Marquardt in Halle beim Aufbau seiner Schau. Silvio Kison Lizenz

Halle (Saale) - Der Mann ist selbst bereits ein Kunstwerk. Und er versteht sehr viel von Bildern. Wie viel, das sieht man daran, dass dieser Sven Marquardt persönlich ein Bild abgibt, das man nicht gleich wieder vergisst: Sein Blick ist scheinbar ungerührt, seine Haut über und über mit Tattoos verziert und markant gepierct, und auch schwere Ringe und Ketten flößen Respekt ein. Respekt, den er auch braucht und einflößen muss, schließlich bewacht er im Hauptberuf eine der meist umlagerten Türen des Landes - die des Clubs Berghain in Berlin-Friedrichshain, der als eine der Pilgerstätten der europäischen Technoszene gilt.

Doch dieser König der Pförtner hat eine zweite, empfindsame und kreative Seite - und die hat viel mehr mit Halle als mit Berlin zu tun. Denn der 53-Jährige, der Fotograf als Brotberuf gelernt und sich längst als Kunstfotograf einen Namen gemacht hat, bringt beim halleschen Mitteldeutschen Verlag (mdv) gerade sein drittes Buch heraus - mit einprägsamen Porträts nicht alltäglicher Zeitgenossen, wie es der Buchtitel „Wild verschlossen“ ahnen lässt. Und er hängt seine Bilder in einem der begehrtesten Ausstellungsräume Sachsen-Anhalts, im Kunstforum der Sparkassenstiftung, auf. Dort wird am Freitag Vernissage gefeiert.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was für Motive Sven Marquardt fotografiert.

Und was zeigen sie, die Fotografien, die dieser Mann gemacht hat? Sie zeigen, dass er - der so oft und so intensiv selbst angeschaut, ja angestarrt und gemustert wird, sich auch selber bestens aufs Anschauen und aufs Durchschauen anderer versteht. „Was ich suche, ist der eine, ganz ehrliche Moment“, so beschreibt der Künstler seine oft sehr langwierige Arbeit mit Leuten, die ihm Modell stehen oder die er anderweitig abbildet. Es sind also wohl jene Momente, wenn die Aktuere auf seinen Bildern mal ganz so sind, wie sie wirklich sind: Sie selbst eben.

„Kollegen von der Tür“

An diesem Punkt kreuzen sich womöglich auch die Erfahrungen aus beiden Jobs von Sven Marquardt, der diese „ehrlichen Momente“ natürlich auch von den Ekstasen der Techno-Tänzer kennt. Und der dergleichen in den Gesichtern der Leute sieht, die vor seiner Tanzclub-Tür mit vielen anderen Party-Wütigen mal länger auf Einlass warten müssen. Diese Gäste sind auf Marquardts Bildern aber nicht zu sehen - denn Dienst und Kunst seien bei ihm strikt getrennt, sagt er. Nur einige seiner „Kollegen von der Tür“ haben ihm mal Modell gestanden. Oder sich vor seiner Linse buchstäblich inszenieren lassen.

Dabei kommt aber durchaus eine Ahnung auf und mehr als nur ein bisschen Atmosphäre davon rüber, was man von den langen Berliner Nächten, vom Flair des Techno oder von der Punkkultur kennt oder zu wissen glaubt. Denn aus der Ostberliner Punkerszene stammt Marquardt selbst. Doch nicht nur das. Auch zum Ostberliner Kulturbetrieb fand er vor 1989 noch Zugang - etwa als Fotograf für Modejournale und als Assistent von Rudolf Schäfer, der heute Halles Foto-Professor der „Burg“ ist. Halle dürfte also gleich in mehrerer Hinsicht ein gutes Pflaster für ihn sein. Zumindest für ihn als Künstler.

Die Vernissage im Kunstforum in der Bernburger Straße 8 am Freitag, 19 Uhr, ist zugleich die Premiere für Marquardts Buch „Wild verschlossen“ (mdv). (mz)

Eins der Marquardt-Bilder
Eins der Marquardt-Bilder
MDV/Repro Lizenz