"Kurzarbeit rettet Jobs" "Kurzarbeit rettet Jobs": Wie die Arbeitsagentur die Corona-Hilfen managt

Halle (Saale) - An der Pinnwand im Büro von Henry Seemann hängt der Ausdruck einer E-Mail. „Vielen Dank, dass Sie weiter für ihre Mitmenschen da sind“, steht dort geschrieben, eingerahmt von mehreren Smileys. „Solche Nachrichten bekommen wir immer wieder. Es tut gut, dass unsere Arbeit geschätzt wird und auch ganz offensichtlich ihren Zweck erfüllt“, sagt der Bereichsleiter in der Agentur für Arbeit Halle. Bei Seemann laufen alle Fäden im Bereich Kurzarbeitergeld (Kug) zusammen.
Von Halle aus werden koordiniert die Kug-Anzeigen von Firmen aus fünf Arbeitsamtsbezirken bearbeitet: Altenburg/Gera, Sangerhausen, Nordhausen, Weißenfels sowie Halle/Saalekreis. In der Corona-Krise sind die Fallzahlen förmlich explodiert - alleine im Amtsbezirk Halle haben seit Mitte März bis Ende Mai 3.751 Unternehmen Kurzarbeit für über 42.000 Angestellte beantragt - eine gewaltige Steigerung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Behörde krempelt sich um
„Mit dem Lockdown Mitte März haben wir mit geballter Kraft unsere Arbeitsorganisation in der Agentur umorganisiert. Normalerweise befassen sich 18 Mitarbeiter mit den Anzeigen auf Kurzarbeitergeld. In Spitzenzeiten haben wir das Personal in diesem Bereich auf 50 Beschäftigte aufgestockt“, sagt Seemann. Die Mitteilungen der betroffenen Firmen landen in zentralen Postfächern und werden von dort aus auf die jeweiligen Sachbearbeiter verteilt, die in den fünf Agenturen sitzen.
Bis zu 1.000 Vorgänge haben sie täglich bearbeitet. Aktuell sind es pro Tag noch 300 bis 700 - der Scheitel der Welle hat die Region wohl passiert. „Wir müssen den Firmen schnell helfen. Schließlich tragen die Unternehmen zunächst noch die Kosten. Erst wenn sie ihre Abrechnungen bei uns einreichen, bekommen sie das Kurzarbeitergeld ausgezahlt“, erzählt Seemann. Bis zu drei Monate haben die Betriebe Zeit, die Listen vorzulegen. „Ohne die Kurzarbeit hätten wir Tausende Arbeitslose mehr. Sie rettet Jobs“, sagt Seemann.
Petra Bratzke, Leiterin der Arbeitsagentur in Halle, lobt indes das Engagement ihrer Mitarbeiter. „Wir sind in einer außergewöhnlichen Situation. Alle ziehen mit“, sagt sie. Quasi über Nacht hat die Agentur Mitarbeiter aus allen Bereichen bis in die Abendstunden und an den Wochenenden auf die Bearbeitung von Kug-Anzeigen geschult. „Ein großer Vorteil ist, dass wir bereits seit Jahren mit der elektronischen Akte arbeiten. Das erleichtert den ganzen Prozess enorm.“
Schwerpunkt Berufsberatung
Bis auf das Baugewerbe und die Logistikbranche sei nahezu die ganze Wirtschaft von den Folgen der Beschränkungen durch die Corona-Pandemie betroffen. „Das heißt aber nicht, dass jede Firma, die Kurzarbeitergeld angezeigt hat, die Hilfe auch nutzt. Viele Unternehmen haben vorsorglich die Anträge gestellt“, sagt Bratzke. Wie schlimm es die lokale Wirtschaft trifft, könne man aktuell noch nicht sagen. „Das ist eine Blockbox. Wir müssen den Sommer abwarten, weil die Auswirkungen wohl erst dann spürbar sind“, so Bratzke.
Aktuell steckt die Arbeitsagentur ihre Kraft in die Berufsberatung für Schüler. „Die Suche nach Fachkräften wird eines der großen Themen nach Corona sein. Bislang haben wir glücklicherweise noch keine Hinweise darauf, dass Firmen die Zahl ihrer Ausbildungsplätze reduzieren müssen“, sagt die Agenturchefin. Da die Berufsberater derzeit nicht in Schulen können, sollen Eltern und Jugendliche vor allem online betreut und beraten werden. Ein Problem sei dabei der Schulabschluss. „Wir wissen noch nicht, wie werthaltig die Zeugnisse coronabedingt sein werden.“
››Die Sonderhotline der Arbeitsagentur für die Berufsberatung ist wieder geschaltet, 0345/52491510, und montags bis donnerstags von 8 bis 16 sowie freitags von 8 bis 14 Uhr erreichbar. (mz)