Halle Halle: Wenn das normale Krankenbett nicht ausreicht
HALLE/MZ. - Die Zahl der übergewichtigen Menschen in Deutschland steigt seit Jahren. Aktuellen Schätzungen zufolge leiden etwa 35 Prozent der Frauen und sogar die Hälfte aller Männer an Übergewicht. Diese Entwicklung hat auch Auswirkungen auf die Arbeit in den Krankenhäusern. Denn zum einen werden dicke Menschen öfter krankt, zum anderen müssen sich die Kliniken auf diese Patienten und auf ihre Maße einstellen.
"Im vergangenen Jahr wurde von den 38 000 Patienten, die im Kröllwitzer Universitätsklinikum stationär behandelt worden sind, bei etwa 2 500 die Diagnose Adipositas, also Fettleibigkeit, verschlüsselt", sagt der Pressesprecher des Klinikums, Jens Müller. "Tendenz steigend." Zwar seien nur bei einem kleinen Teil dieser Patienten spezielle Vorkehrungen zu treffen, dennoch müsse die Klinik darauf vorbereitet sein.
Ein normales Klinikbett kann von Patienten mit einem Körpergewicht bis zu 175 Kilogramm benutzt werden. "Darüber hinaus halten wir für Patienten mit Übergewicht mehrere Spezialbetten bereit. Sie sind bis 225 Kilogramm belastbar", sagt Mathias Strauß, Assistent der Pflegedienstdirektorin im Uni-Klinikum. Außerdem sei man in der Lage, bei extrem übergewichtigen Patienten binnen kürzester Zeit zusätzliche Patientenbetten für Schwergewichtige bis zu 318 Kilogramm Körpergewicht abzurufen.
Grundsätzlich herrschten zwar in Deutschland noch keine amerikanischen Zustände. Dennoch gibt es sie, die Fälle, in denen Patienten bereits mit einem Spezialtransport angeliefert werden müssen. Dafür hält die Feuerwehr im übrigen ein spezielles Fahrzeug bereit. Und in der Zentralen Notaufnahme des Uni-Klinikums gibt es dann auch eine besonders belastbare Behandlungsliege, die Patienten mit einem Körpergewicht bis zu 230 Kilogramm aushalten kann.
Natürlich ist man auch im Zentralen Operationsbereich auf extrem Dicke vorbereitet. "Wir haben zwei zusätzliche Operationstische angeschafft", sagt OP-Koordinatorin Hermine Topp. Tragkraft der Tische: 225 beziehungsweise 360 Kilogramm. "Den ersten von beiden mussten wir auch schon nutzen", sagt Hermine Topp, "aber in diesem Extrem sind das bisher wirklich Einzelfälle".
Nicht nur Operationen, sondern auch andere Untersuchungen werden bei starkem Übergewicht schwieriger: So könne eine Magnetresonanztomographie, kurz: MRT-Untersuchung, nur bis 150 Kilogramm Körpergewicht problemlos erfolgen. Nach Auskunft von Klinik-Sprecher Müller sei das Problem der Durchmesser der Röhre. Er liegt bei 60 Zentimetern. "Falls Patienten dort nicht hineinpassen, muss im Extremfall die Leipziger Tierklinik angesteuert werden", so Müller.
Ähnlich schwierig sei es bei der Computertomographie. Sie könne bis zu einem Gewicht von 200 Kilogramm ausgeführt werden. Allerdings gebe es bei zunehmendem Gewicht Probleme mit der Bildqualität.
Und schließlich hat das Anwachsen von übergewichtigen Patienten auch Auswirkungen auf das Pflegepersonal. Für die Mobilisation und den Transport der Schwergewichte können sie speziell dafür ausgerüstete Hebevorrichtungen einsetzen. Außerdem sind sie umfassend in den so genannten "kinästhetischen Grundprinzipien" geschult. Das bedeutet: Sie wissen, wie man mit möglichst wenig Körperkraft ein hohes Gewicht bewegt.