1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Halle: Halle: Verrückt? Oder doch normal?

EIL

Halle Halle: Verrückt? Oder doch normal?

Von KATJA PAUSCH 11.11.2011, 18:53

Halle (Saale)/MZ. - Allein, völlig alleingelassen sitzt eine junge Frau in einem imaginären Zimmer. Vor ihr eine Reihe geleerter Gläser, mit deren Inhalt sie zuvor Unmengen Tabletten in ihren Magen gespült hat. Dann plötzlich Blaulicht. Sanitäter. Ein Arzt. Als Nora aufwacht, findet sie sich in einem weißgetünchten Raum wieder: in der Psychiatrie...

Schon der Auftakt des Stücks "Noras letzter Tag" (Regie: Andrea Martin und Alexander Terhorst) verspricht dem Publikum im umgestalteten Mohrensaal ein außergewöhnliches, weil ein Tabu-Thema aufgreifendes Theatererlebnis: psychische Erkrankungen wie Depressionen, Phobien, Schizophrenie. Und so verfolgen die Zuschauer gespannt, wie Noras Geschichte ausgeht. Denn Nora hat beschlossen, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Nicht, dass sie tatsächlich sterben will - sie möchte nur nicht mehr leben. "Das Leben ist, wie es ist: Ich werde alt, fett oder krank - oder alles zusammen", fürchtet Nora, überzeugend gespielt von Carsta Langner. Mit einer kleinen, aber folgenschweren Notlüge versucht ihr Arzt (Stephan Werschke), sie von ihrem tödlichen Vorhaben abzubringen. "Fangen Sie an zu fühlen! Machen Sie mal was Verrücktes!", fordert er sie auf, wach zu werden, zu leben. Doch erst die Begegnung mit dem ebenfalls eingewiesenen, schizophrenen Georg (ein sympathischer Tillmann Meyer) gibt Nora die Freude am Leben zurück. "Vielleicht gibt es ja etwas, für das es sich zu leben lohnt", hofft die junge Frau - durchaus zu Recht. Und langsam wird nicht nur der Hauptfigur klar: Verrückt sind wir doch alle irgendwie, jedenfalls nicht mehr als normal.

Wie sich Nora im Laufe des Abends von der des Lebens Müden in eine aktive junge Frau wandelt, wie jeder Einzelne - ob Krankenschwester, Ehefrau oder Student - sein eigenes Päckchen im Leben zu tragen hat, wird von den sechs Schauspielern in wechselnden Rollen äußerst eindringlich erzählt - und vom Publikum mit viel Beifall bedacht. Ebenso wandelbar wie die Figuren ist das reduzierte Bühnenbild: Sechs Quader in den Farben weiß, schwarz und rot bilden, von den Akteuren mit wenigen Handgriffen platziert, die Orte der Handlung: eine Krankenstation, ein Büro voller gestresster Angestellter, ein Wohnzimmer. Soundeinspielungen und eine gekonnte Lichtführung machen das 90-Minuten-Stück zu einem Ereignis, das sich Theaterfreunde nicht entgehen lassen sollten. Allerdings wird es erst wieder im Januar 2012 aufgeführt.