Petition zur Germanwings-Katastrophe Germanwings-Absturz 2015: Vater von verunglückter Hallenserin Juliane Noack fordert weitere Untersuchungen

Halle (Saale) - Seit mehr als zwei Jahren sucht Frank Noack nach der Antwort auf die Frage: Warum konnte es dazu kommen?
Er weiß, dass der Co-Pilot der Germanwings-Maschine, in der seine Tochter Juliane ums Leben kam, das Flugzeug am 24. März 2015 absichtlich in den französischen Alpen abstürzen ließ. Er weiß auch, dass die 149 anderen Insassen keine Chance hatten, zu entkommen. Das „wie“ ist ausgiebig untersucht worden. „Aber die eigentliche Ursache wird überhaupt nicht beleuchtet“, sagt Noack.
Vater von verunglückter Hallenserin kritisiert: Auch zwei Jahre nach Absturz von Germanwings-Maschine sind viele Fragen offen
Wieso durfte ein Co-Pilot mit psychischen Problemen überhaupt ein Flugzeug steuern? Warum haben die Psychologen, die von Problemen wussten, nichts unternommen?
„Es gibt Verantwortlichkeiten und wir wissen, dass Fehler gemacht wurden“, sagt Noack. Jetzt fordert er Antworten; für sich, für die anderen Familien und vor allem für Juliane.
Ein 27 Jahre alter Co-Pilot hatte sich am 24. März 2015 auf Flug 9525 von Barcelona nach Düsseldorf ins Cockpit eingeschlossen und kurz nach dem Start absichtlich einen Absturz herbeigeführt. Insgesamt starben 150 Menschen aus 20 Ländern - zwei Piloten, vier Crewmitglieder und 144 Passagiere. Unter ihnen war die Hallenserin Juliane Noack sowie eine Schulklasse aus Haltern am See.
Die Ermittlungen zu dem Flugzeugabsturz sind im Januar dieses Jahres von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf abgeschlossen worden. Das Ergebnis fällt entlastend zugunsten der behandelnden Ärzte und des Unternehmens aus.
Niemand hätte eine Suizidgefahr feststellen können. Auch Angehörige hätten keine Kenntnis gehabt, heißt es.
Seine Tochter hatte Schmuckkunst an der Burg Giebichenstein studiert, war Mitgründerin von „herr fleischer e.V.“ und hatte 2013 ihr eigenes Schmuckatelier eröffnet. Sie wurde nur 30 Jahre alt. „Wir sind es den Verstorbenen schuldig, und müssen überlegen, was sie an der Stelle getan hätten“, so der Vater.
Germanwings-Katastrophe: Vater von verunglückter Hallenserin Juliane Noack hat nun Petition gestartet
Am zweiten Jahrestag von Julianes Beisetzung, dem 31. Juli dieses Jahres, hat er deshalb eine Petition gestartet. Er fordert eine lückenlose Aufklärung und eine wirksame Kontrollinstanz für Piloten. Am 31. Juli hat er das Schreiben auch dem Petitionsausschuss des Bundestages, an Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und an das Justizministerium Nordrhein-Westfalens weitergeleitet.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) habe Noack nach dem Unglück persönlich versprochen, die Familie zu unterstützen, wie Noack sagt. Auch er hat einen Brief bekommen. Mehr als 20.000 Unterstützer hat die Petition auf www.change.org.de bereits, 70 Familien von Angehörigen stehen Noack zur Seite. „Wir stehen alle in Kontakt, sind vernetzt und treffen uns einmal im Jahr.“
Vater Frank Noack kritisiert Behördenschweigen zur Germanwings-Katastrophe: „Es ist wie gegen eine Gummiwand zu laufen“
Die Petition sei ein Vorstoß gegen die dicken Schweigemauern derer, die Noack in die Verantwortung nimmt. „Die Lufthansa hat versagt bei der medizinischen Kontrolle der Mitarbeiter.“ Die Kommunikation mit der Fluggesellschaft bestehe nur über die Hinterbliebenenbetreuung. „Da geht es um Gedenkstätten und solche Dinge“, sagt Noack. Jede andere Unterhaltung laufe nur über Anwälte. Zu allen Fragen bezüglich der medizinischen Vorgeschichte des Co-Piloten sei spätestens dann Schluss, wenn die ärztliche Schweigepflicht ins Spiel komme.
„Es ist wie gegen eine Gummiwand zu laufen“, sagt Noack. Der Vater fühlt sich von Behörden im Stich gelassen. „Das scheint für die abgehakt zu sein: Der Mann war krank und ist tot, fertig. Und uns verweisen sie einfach auf die abgeschlossene Untersuchung“, so der Salzataler.
Pilot Andreas L. ließ Germanwings-Flugzeug in den Alpen abstürzen: Petition auch für bessere Kontrolle der Piloten
Neben einer restlosen Aufklärung soll die Petition auch die Kontrolle der Piloten verbessern. Die sieht Noack besonders kritisch. Es soll ihnen etwa möglich werden, sich bei ernsten Problemen an Ärzte zu wenden, ohne Angst haben zu müssen, ihren Job zu verlieren. „In anderen Ländern gibt es Auffanggesellschaften, die dann in andere Jobs im Unternehmen vermitteln“, so Noack.
Er und seine Mitstreiter stellen sich auf einen langen Kampf ein. „Das kann im schlimmsten Fall Jahre dauern, aber wenn wir an die Verstorbenen denken, gibt uns das Mut und Kraft, um weiterzumachen. Einen richtigen Abschluss wird es für uns sowieso nie geben. Die Opfer sind tot. Aber eine Untersuchung würde uns eine gewisse Wertschätzung zeigen und vielen Hinterbliebenen helfen, eine andere Art von innerer Ruhe zu finden.“ (mz)
