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Flugzeug aus Halle-Neustadt Flugzeug aus Halle-Neustadt: Odyssee der Iljuschin

Von Felix Knothe 21.06.2014, 08:40
Die IL-14 steht im Dessauer Technikmuseum.
Die IL-14 steht im Dessauer Technikmuseum. Lutz Sebastian Lizenz

Halle (Saale)/Dessau-Rosslau/MZ - Ein Flugzeug, das nicht fliegt, verfehlt eigentlich seinen Zweck. Doch jahrzehntelang hat eine fluguntaugliche Iljuschin IL-14 den Halle-Neustädtern als beliebtes Ausflugsziel gedient. Seit 1969 stand die Propellermaschine vor der Eissporthalle, ehe sie 1991 aus Halle verschwand. Erst Ende der 1990er Jahre tauchte sie in Dessau wieder auf und steht dort heute im Museum.

Die Iljuschin IL-14 war das erste Flugzeug der neu gegründeten DDR-Fluglinie Deutsche Lufthansa (Ost), der späteren Interflug. Sie wurde konstruiert vom legendären Konstrukteur Sergej Iljuschin, auch die ersten Maschinen, die ab 1955 in der DDR flogen, kamen aus sowjetischer Produktion. Zwischen 1956 und 1959 stellte die DDR selbst 80 Exemplare her. Einige wurden auch militärisch genutzt.

Iljuschin diente als Reisebüro

An der Saale diente die Iljuschin erst als Reisebüro. Später beherbergte sie die Konsum-Gaststätte „Saaleaue“. MZ-Leser Hartmut Schwarz erinnert sich: „Wir sind oft sonntags dahin gegangen, um Kaffee zu trinken.“ Für viele Neustädter war die Maschine das Beiwerk für Familienfotos. Komplett zu sehen ist sie auf alten Fotos selten. Die heutigen Experten für die bewegte Geschichte der IL-14P, so die korrekte Typenbezeichnung, sitzen in Dessau. Auch im Internet wird die Geschichte des Fliegers mit dem Kennzeichen DSM-SAF erzählt.

Dass sie überhaupt in Halle - übertragen gesprochen - gelandet war, verdankt sie einem Flugunfall auf dem Flugplatz Leipzig-Mockau 1967. Während eines Übungsflugs setzte sie zu früh und dadurch zu hart auf. Die Konstruktion verzog sich irreparabel, so dass die Maschine von der Interflug aus dem Verkehr gezogen wurde. „Die IL-14-Flotte war sowieso kurz davor, aussortiert zu werden“, sagt Gerd Fucke, Geschäftsführer des Technik-Museums „Hugo Junkers“ in Dessau-Rosslau.

Auf der nächsten Seite lesen Sie von der Rettung der Iljuschin.

Uwe Teichmann, Mitglied im Museumsverein, hat 1999 mit anderen die verwahrloste Maschine gerettet. Bei einem Schrotthändler in Schönebeck schien sie bereits an ihrer letzten Station angekommen zu sein. Abgebrochene Propeller, zertrümmerte Fenster, die Lackierung kaum noch wahrnehmbar - ein scheinbar hoffnungsloser Fall. Die Dessauer holten die IL-14 ins Junkers-Museum und restaurierten sie in jahrelanger Kleinarbeit. Seitdem steht sie dort auf der Freifläche. „Jeder Besucher kann sie sich anschauen, auch Klassen können zum Beispiel darin Unterricht machen“, sagt Teichmann.

Es waren unter anderem ehemalige Dessauer Junkers-Ingenieure, die sie im Dresdner Flugzeugwerk gebaut hatten. 1957 wurde sie als 16. Exemplar der DDR-Lizenzproduktion der IL-14 an die damalige Deutsche Lufthansa Ost übergeben. 1963 bekam sie die Interflug-Lackierung, mit der sie auch in Halle bekannt war. Nach der harten Leipziger Landung setzte sich 1969 ein Tross der Interflug in Bewegung, um das Flugzeug nach Halle zu überführen. Der Standort vor der Eissporthalle mag eine Reminiszenz an den ehemaligen Flugplatz Halle-Nietleben gewesen sein, der sich in unmittelbarer Nähe des heutigen Rennbahnkreuzes befunden hatte und 1968 wegen des Baus von Halle-Neustadt geschlossen worden war.

Vandalismus und der Zahn der Zeit

In den Wendewirren erging es der IL-14 schlecht. Vandalismus und der Zahn der Zeit setzten ihr schwer zu. Die Stadt dachte an Verschrottung, ehe ein Mann aus dem Dorf Pulspforde bei Zerbst das Flugzeug 1991 zu sich holte, um es auch dort als Café zu nutzen - ein Plan, der nicht aufging. Jahrelang stand es auf anhaltischem Acker, bevor 1998 der Schönebecker Schrotthändler zum Zuge kam.

Weitere Einzelheiten zur Geschichte der IL-14 haben frühere Interflug-Mitarbeiter im Internet zusammengetragen: www.interflug.biz/dm-saf.htm.

Söhne mit Propeller, fotografiert 1973 von Hartmut Schwarz.
Söhne mit Propeller, fotografiert 1973 von Hartmut Schwarz.
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