MZ-Restaurantkritik Essen auf höchstem Niveau im "Immergrün" in Halle Saale

Halle (Saale) - Wie schaffen das Simona Buchholz und Sebastian Mohr? Seit rund sieben Jahren bieten die Betreiber des "Immergrün" das außergewöhnliche Restaurant-Erlebnis in Halle, und was noch viel wichtiger ist: Sie haben sich in all den Jahren nicht auf dem Lob der Gäste und Fachleute ausgeruht, sondern es geschafft, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Das bestätigen einschlägige Kommentare von Gourmet-Kritikern und Stammgästen und nicht zuletzt der jederzeit gut besetzte Gastraum. Deshalb soviel vorweg: Eine Reservierung ist empfehlenswert.
Souverän und freundlich empfängt Simona Buchholz ihre Gäste, geleitet sie zum Tisch, sorgt umgehend für die Karten. Die Präsentation darin ist seit unserem ersten Besuch noch raffinierter geworden: Zwei Menüs werden offeriert, die je nach Wunsch drei Gänge (40 bzw. 45 Euro), vier oder fünf Gänge (61 bzw. 67 Euro) umfassen können. Jeder Gang kann zudem auch einzeln gewählt werden.
Die Karte verzichtet auf die oft übliche Gastronomie-Lyrik, sie benennt schlicht die einzelnen Gänge. Bei dem einen Menü nur als Beispiel Kräuterseitlings-Salat, Fischklöpse Königsberger Art oder Rückenstück vom Iberico Schwein, beim anderen Tom Kha Gai - thailändische Kokos-Hühnersuppe, Zander gebraten, Kataif - syrische gefüllte Pfannkuchen. Dazu gibt es Hinweise zu den jeweils verwendeten Komponenten.
Die machen neugierig und lassen Vorfreude aufkommen: Avocado, Sesam, Wildlachs, Minze werden da genannt, oder auch Rauch-Paprika, Pfifferlings-Risotto, Hafer, Blutwurst, Schwarztee.
Immergrün in Halle: Ein Restaurant für alle Sinne
Was wird aus diesen Zutaten, fragt sich der erwartungsfrohe Gast und wird nicht enttäuscht: Zu allem, was sie kredenzt, verrät Simona Buchholz am Tisch in charmant-kompetenter Art, was Küchenchef Sebastian Mohr Ungewöhnliches und Anregendes kombiniert und anbietet. Denn dies bestimmt ganz wesentlich einen Abend im "Immergrün": sich darauf einzulassen, Aromen und Geschmäcker auf völlig neue Weise kennenzulernen.
Mit allen Sinnen dem nachzuspüren, was da auf Teller und Platten offeriert wird. Das muss der Gast wissen: Das Wort Kochkunst wird hier mit Leben erfüllt, wobei die Betonung durchaus auf Kunst liegt.
Doch zunächst steht ein Aperitif auf dem Tisch, auf Kosten des Hauses, da bis zur Bestellung etwas Wartezeit verging. Eine "lamingolada füllt das Glas, sie setzt sich zusammen aus Himbeer, Kokosmilch, Sahne und - jawohl! - Paprika, abgerundet mit einem ordentlichen Schuss Gin.
Einen Gruß aus der Küche gibt es gleich zweimal: ein chinesisches Süppchen und Roggenbrot mit Curry, dazu Tomatenbutter und Gewürzfrischkäse, sowie Quichestücke mit Sesam und Tomate - köstlich.
Zu den Menüs nur soviel: Sie bieten ein Feuerwerk an Aromen und Ideen. Nach den Fischgängen folgen beispielsweise Sorbets, von denen das eine tatsächlich aus grünen Oliven und Hirtenkäse besteht und mit Grappa aufgegossen wurde, das andere Kokosmilch und Aprikose vereint und in 72er Armagnac schwimmt.
Alles, was aus der Küche kommt, ist fantasievoll angerichtet, perfekt gegart, überraschend zusammengestellt. Was auffällt: Fast alle Gerichte zeichnen sich durch eine sehr angenehme, nicht zu dominante Schärfe aus.
Immergrün in Halle: Große Weinkarte im Restaurant
Und welches Getränk wählt der Gast nun zu den vielfältigen Genüssen? Da kann er sich getrost den Händen von Simona Buchholz überlassen. Die über 80 Offerten in der Weinkarte - erfreulich viele aus der Region - kennt sie genau und rät sicher und überzeugend zum richtigen Tropfen.
Eine Weinbegleitung zum kompletten Menü, was heißt, zu jedem Gang den passenden Wein zu bekommen, ist die beste Wahl (27 Euro). Was da ins Glas kommt, hätte man selbst wohl nicht so gewählt: Weißburgunder, einmal von der Alten Zuckerfabrik Laucha und einmal als Spätlese, im Barrique gereift, aus der Pfalz - was interessante Vergleiche ermöglicht.
Ein Sauvignon blanc aus der Wachau und schließlich ein 88er (!) Rheingau-Riesling, der betörend stark wie ein Dessertwein duftet und gänzlich anders - frisch mit feiner Säure - schmeckt. Und wie könnte es anders sein, ist auch der Abschluss eine tolle Überraschung: Apfel-Eiswein! (mz)