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Die Bühnenküsse überzeugten schon

Von TRIXI RITTER 25.11.2008, 18:57

HALLE/MZ. - Mozarts Don Giovanni hält sich ausgezeichnet - und das schon seit 221 Jahren. Weil Werbung auch einem Aufreißer nicht schadet, der seine Alleinstellungsmerkmale gelegentlich aufmöbeln muss, geht Don Giovanni am 6. Dezember an der Oper Halle taufrisch in die Offensive, den Frauen untern Rock und manchem gar ans Leder.

Im Rahmen der neuen Veranstaltungsreihe "Kostprobe" arrangierte das Opernhaus am Montagabend ein Treffen mit dem notorischen Eroberer. Etwa 40 Gäste folgten der Einladung, der öffentlichen Erarbeitung eines Stücks beizuwohnen. Mit viel Geduld und dem Charme eines Entertainers moderierte Helmut Polixa - und eröffnete so die Möglichkeit, Einblicke in die anstrengenden Vorbereitungen einer Inszenierung zu erhalten. "Sie sind das Wagnis eingegangen, sich eine szenische Probe im fortgeschrittenen Stadium anzusehen", wandte sich der Regisseur ans Publikum. "Erwarten sie keine Vollendung, rechnen sie damit, dass manche Szene nochmal und nochmal wiederholt wird."

Polixa ist ein Gewinn für diese Idee. Bereits seine Regiearbeit für die Oper "Norma", die zu Beginn des Jahres in Halle aufgeführt wurde, erweckte Begeisterung. Als Wissensvermittler erläuterte er nun für Laien und Opernfreunde verständlich geschichtliche Hintergründe, stellte Solisten vor und führte in kleine Geheimnisse ein: "Don Giovanni sagt: Frauen sind für mich wie Luft zum Atmen, ohne sie kann ich nicht sein. In der Oper ist die Souffleuse (in diesem Fall Regina Karpinski) die Atemluft der Künstler."

Eigenwilligen Reiz besaß die Probenvisite nicht zuletzt, weil noch kein Orchester musizierte und die einzustudierenden Szenen stattdessen vom Pianospiel Marie-Luise Häusers begleitet wurden. Auf der noch spartanischen Bühne standen die Künstler (darunter Romelia Lichtenstein und Ki-Hyun Park) vor der Herausforderung, sich ohne charakterisierende Kostüme in ihre Rolle zu denken. Pannen sorgten noch für Heiterkeit, doch Bühnenküsse überzeugten schon. Dass Don Giovanni (Raimund Nolte) während einer Lagebesprechung die News auf seinem Handy überprüfte, versteht sich von selbst; bis zur Premiere hat der Schwerenöter 2065 Frauennamen in seinem Büchlein aufzulisten. Bezeugt wurden die Vorbereitungen auch von Orchesterchef Karl-Heinz Steffens, der mit Don Giovanni sein Opern-Debüt in Halle gibt.

Der Dialog mit dem Publikum, den Operndirektor Joel Revelle sich wünscht, fand bei der ersten "Kostprobe" großen Zuspruch. Die nächste Gelegenheit, Neugier noch vor der Premiere zu stillen, bietet sich am 8. Januar. Dann erliegt "Don Carlos" der Liebe.