Denkmal in Halle Denkmal in Halle: Poliklinik Mitte vor dem Verkauf?
Halle (Saale) - Ein Jahr ist vergangen, seit Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) mit einer ungewöhnlichen Idee an die Öffentlichkeit getreten ist: Die seit Jahren leerstehende frühere Poli Mitte, gelegen am „Tourismusweg“ zwischen Markt, Händelhaus und Domplatz, sollte wenigstens verhüllt werden. Statt der traurigen maroden Fassade könnten auf Planen Stationen hallescher Geschichte dargestellt werden.
Rund 10.000 Euro sollte dies kosten, finanziert durch Sponsoren. Der Entwurf war fertig. Weil aber, so Wiegand wenige später, gerade Verkaufsverhandlungen mit dem Eigentümer stattfänden, müsse man das Projekt zunächst zurückstellen - für einige Wochen. Ein Jahr später teilt die Stadtverwaltung mit: „Die Verhandlungen mit dem Eigentümer sind noch nicht abgeschlossen. Zu laufenden Verhandlungen darf die Stadt keine Auskunft geben.“ Die Stadt Halle versucht, Käufer für das private Objekt zu vermitteln und bietet Förderungen an. Aber immerhin: „Ein Ergebnis wird voraussichtlich bis Jahresende erwartet.“ Es besteht also noch Hoffnung, dass einer der größten innerstädtischen Schandflecke verschwinden könnte - durch Sanierung.
Als geschlossene Abteilung des Stadtkrankenhauses wurde die venerologische Station 1961 in der damaligen Poliklinik Mitte eingerichtet. Venerologie bezeichnet das Fachgebiet, in dem Geschlechtskrankheiten behandelt werden. Die Station in der zweiten Etage der Einrichtung, mitten in der Stadt Halle in der Nähe des Händelhauses, lag im Innenhof der Poliklinik und hatte vergitterte Fenster und Türen. 1982 wurde die Abteilung geschlossen. Seit den 90er Jahren steht das Gebäude leer.
Wissenschaftlich untersucht haben Florian Steger, Direktor des halleschen Uni-Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin, und sein Mitarbeiter Maximilian Schochow die Vorgänge. Die Studie „Disziplinierung durch Medizin“ ist im Mitteldeutschen Verlag erschienen.
Verkauf und die sicher schwierige Denkmalsanierung sind dringend nötig. Denn die gefährdete Hofanlage, errichtet ab 1532, ist auch stadtgeschichtlich bedeutend. Unter anderem war sie ab dem frühen 18. Jahrhundert Halles bester Gasthof „Zum Kronprinz“. Der Komplex ist auch als ein Ort erschütternden DDR-Unrechts bekanntgeworden: In der „Tripperburg“ genannten Klinik wurden auch Frauen gegen ihren Willen festgehalten. Eigentümer ist der große Immobilienkonzern „Frankonia Eurobau“, der am Markt auch den Kaufhof gebaut hat. Frankonia gehören mehre unsanierte Denkmale in der Innenstadt. Doch das Unternehmen beschränkt sich lediglich auf Sicherungen der leerstehenden Gebäude. Kein Kommentar, lautet seit Jahren die immer gleiche Antwort auf Nachfragen zum Engagement der Firma in Halle. (mz)