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Büchersammlung Büchersammlung: Spender hilft Marienbibliothek mit 75.000 Euro

Von MICHAEL FALGOWSKI 26.09.2013, 21:07
Mechthild Hofmann vom Freundeskreis der Marienbibliothek, Martin Hoernes von der Kulturstiftung der Länder, Volker Hofmann und Karsten Eisenmenger, ehemaliger Leiter der Marienbibliothek, freuen sich über die Rettung von 82 Büchern, die restauriert werden konnten.
Mechthild Hofmann vom Freundeskreis der Marienbibliothek, Martin Hoernes von der Kulturstiftung der Länder, Volker Hofmann und Karsten Eisenmenger, ehemaliger Leiter der Marienbibliothek, freuen sich über die Rettung von 82 Büchern, die restauriert werden konnten. Andreas Heine Lizenz

HALLE/MZ - „Nicht die schonen Wappen, ader alten geburt vnd geschlechter, sunder eyn tugentlich lebenn vnd lobeliche that machen eyn man edell. F v Selmenitz“, hat Felicitas von Selmenitz in ihr Exemplar der „Schedelschen Weltchronik“, 1493 in Nürnberg erschienen, geschrieben. Gleich neben ihr Familienwappen. Was für eine Frau! Eine, die lesen konnte, was Anfang des 16. Jahrhunderts nicht mal im Adel verbreitet war. Ihr Sohn Georg hatte es ihr beigebracht.

Von Selmenitz wird auch „Halles erste Protestantin“ genannt. „Der Erbaren tugendsamen frauen Felicitas von Selmenitz meiner lieben Gevattern Martin Luther d.d.“, hatte der Reformator 1534 als Widmung in seine Bibelübersetzung geschrieben, die er ihr schenkte. Die „Weltchronik“ und die Luther-Bibel gehören zu den wertvollsten Büchern der an wertvollen Bänden so reichen halleschen Marienbibliothek.

Sammlung von europäischem Rang

Seit ungefähr 1580 gehört das rund 320 Titel umfassende wertvolle Büchervermächtnis der Felicitas von Selmenitz und ihres Sohnes der ältesten und größten evangelischen Gemeindebücherei. „Die Selmenitz-Sammlung ist von wahrhaft europäischem Rang, aber sie ist gefährdet. Denn natürlich haben viele Bücher im Laufe der Jahrhunderte gelitten“, sagt Mechthild Hofmann vom Freundeskreis der Marienbibliothek. „Es ist immer ein Rennen gegen die Zeit“, ergänzt ihr Mann Volker Hofmann. Denn der einzigartigen Bibliothek der Marktgemeinde mangelt es an Geld. Seit der Wende hat der Freundeskreis der Marienbibliothek zwar immer wieder Bücher restaurieren lassen, doch das waren Einzelfälle.

Nun aber ist ein wirklich großer Wurf gelungen: 82 Bücher, die meisten aus dem 16. Jahrhundert, aber auch ältere Frühdrucke und eine Karte, konnten vor dem sicheren Verfall gerettet werden. Viele stammen aus der Selmenitz’schen Sammlung. 90.000 Euro hat die Restaurierung insgesamt gekostet.

Möglich war sie nur durch die Unterstützung des Freundeskreises der Kulturstiftung der Länder, den die Marienbibliotheks-Freunde vor Jahren um Hilfe ersuchten. „Der Freundeskreis der Kulturstiftung hat sich die Restaurierung von Kunstwerken in Ostdeutschland zur Aufgabe gemacht. Obwohl alle Mitglieder aus dem Westen kommen“, erläutert Martin Hoernes, stellvertretender Generalsekretär der Kulturstiftung. Ziel des Vereins sei es, privates Engagement und Eigeninitiative zu unterstützen.

Und dies habe man mit Marienbibliothek und dem Freundeskreis in vorbildlicher Weise gefunden. Nur deshalb habe man auch einen privaten, anonym bleiben wollenden Sponsor gefunden, der 75.000 Euro für die Rettung des halleschen Bücherschatzes stiftete. Weitere 25.000 Euro kamen vom Stiftungs-Freundeskreis.

4690 Euro für ein Buch

Die Rettung der Bücher, die teilweise in einem dramatischen Zustand waren, war sehr aufwendig und dauerte fünf Jahre. So hat allein die Restaurierung des „Plenarium“, eines 1483 in Augsburg gedruckten Messbuchs, 4690 Euro gekostet. Die Schäden waren immens: Der Holzwurm hatte den Deckel aus Buchenholz zerfressen, der gebrochen und extrem beschädigt war.