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Parkwächter zeigt Überraschendes

Von GINA APITZ 30.05.2010, 18:31

DESSAU/MZ. - Wer in den 20er Jahren durch den Dessauer Stadtpark spazierte, begegnete mit großer Wahrscheinlichkeit dem Mann, der in dem "Grünen Herzen" für Ordnung sorgte: Ein Wächter hütete damals den Stadtpark. Der Posten wurde bald abgeschafft, am Samstag jedoch kurzzeitig wiederbelebt: Interessierte konnten am Nachmittag wieder mit einem Parkwächter durch die Grünanlage spazieren. Geführt wurde die Tour, die am Springbrunnen begann, von Parkhüter "Müller". Der heißt eigentlich Sönke Gast und ist Mitglied des Theaterjugendclubs.

Auf dem Weg durch den Park bekamen die knapp 300 Besucher weitere Performances zu sehen: Verschiedene Jugendtheater- und Tanzgruppen zeigten Ausschnitte aus ihrem Repertoire. Begleitet wurde die Menschentraube von drei Stelzenläuferinnen in quietschgelben Kostümen. Die Mädels von der Stelzengruppe Krötenhof ernteten respektvolle Blicke. "So schwer wie es aussieht, ist es gar nicht", erklärt dagegen Theresa Bombach, 21, die sich auf den langen Staken sichtlich wohl fühlte.

Einen guten Gleichgewichtssinn und Geschicklichkeit bewiesen auch die kleinen Künstler vom Kinder- und Jugendzirkus "raxli-faxli" - die jungen Artisten fuhren Einrad, jonglierten und balancierten auf großen Gummibällen. Bettina Rechenberg betrachtet das Spektakel aufmerksam. "Es ist toll, dass man auf diese Weise versucht, Leute in den Stadtpark zu locken", sagt die 44-Jährige, die mit ihrer Familie gekommen ist. "Einige schauen sicher noch einmal im Park vorbei", glaubt die zweifache Mutter.

Es sind Leute wie Heiko Koch, die die Organisatoren ansprechen wollen. Koch sitzt mit seiner Familie und ein paar Freunden auf Picknickdecken in der Nähe des Springbrunnens. "Eigentlich gehe ich nicht so oft in den Stadtpark", sagt der 45-Jährige. "Ich fahre dann lieber raus ins Grüne." Heute aber hat er sich überreden lassen - und ist positiv überrascht. Die Theatervorführungen seien eine "schöne Idee." Klassisches Schauspiel erlebten die Besucher an der Stadtmauer: Dort zeigte die Theatergruppe des Philanthropinums Ausschnitte aus Goethes "Prometheus" und Schillers "Die Kraniche des Ibykus." "Es ist schwer hier draußen zu spielen - mit Vogelgezwitscher und Straßenlärm", sagte die 14-jährige Charlotte Janovsky, die im Stück den Ibykus mimt.

Auf einer Wiese zu tanzen war für die Tanzgruppe "Blue Lemons" des Gymnasiums Philanthropinum dagegen eine echte Herausforderung. "Wir haben schon alle Hundehaufen beseitigt", sagt Anett Dirksen und lacht. "Die Mädchen tanzen nämlich barfuß", so die Gruppenleitern. Die 48-Jährige betont, dass es für die Tänzerinnen ungewohnt sei, im Freien zu tanzen - sie mussten während ihrer Choreografien vor allem auf Löcher im Erdboden achten.

Auf den letzten beiden Stationen des Spaziergangs wurde noch einmal schauspielerisches Talent gezeigt - der Theaterjugendclub und die Jugendtheatergruppe des Kiez hatten ihre Stücke extra für diesen Tag einstudiert. "Für uns ist das heute eine doppelte Premiere", sagt Silke Wallstein, Leiterin der Kiez-Theatergruppe, "denn auch Openair haben wir noch nie gespielt." Zum ersten Mal zeigen die einzelnen Jugendtheatergruppen gemeinsam Ausschnitte aus ihren Stücken. "Eine Zusammenarbeit gibt es aus logistischen Gründen bisher nicht", erklärt Wallstein.

Die Idee für die Kooperation hatten das Jugendamt und die Stiftung Bauhaus. Ginge es nach Astrid Bergmann vom Jugendamt, wird die Veranstaltung auf jeden Fall wiederholt. "Es lief genau so, wie wir es uns vorgestellt hatten", sagt die 46-Jährige zufrieden. Wer am Ende der Tour Lust bekommen hatte, auch selbst einmal zu schauspielern, konnte auch das ausprobieren: Interessierte nahmen zum Schluss an einem Improvisationsworkshop teil - der Rest ließ den Nachmittag mit einem Picknick im Park ausklingen.