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Mit Vespa durch die Lande Mit Vespa durch die Lande: Volker Kuhnert ist nach 27 Jahren erstmals wieder in Dessau

Von Annette Gens 02.09.2018, 12:00
Verrückt und doch gut möglich: Volker Kuhnert pilgerte von Ludwigshafen nach Berlin. In Dessau suchte er auch Erinnerungen.
Verrückt und doch gut möglich: Volker Kuhnert pilgerte von Ludwigshafen nach Berlin. In Dessau suchte er auch Erinnerungen. Lutz Sebastian

Dessau-Roßlau - Er vermisst das Anarcho-Frühstück im Bauhaus-Café. 1991 war Volker Kuhnert mehrfach im Bauhaus Gast. Oft wurde dann das abgefahrene Frühstücks-Angebot bestellt, das damals aus einer Tasse Kaffee, einer Karo-Zigarette und einem Keks bestanden hat.

Bis auf das zeitlose Design sei heute vieles anders, schilderte der Ludwigshafener, dass er in diesen Tagen in die Gesichter vieler Touristen, die das Bauhaus besuchen, blickte. „Ich sehe ziemlich viele Hipster mit ganz klarer Linie im Seitenscheitel und funktionslosem Vollbart“, schreibt er auf Facebook. „Leider wurde ein Klassiker von der Karte genommen.“

Der Ludwigshafener Volker Kuhnert ist zurückgekommen. Nach 27 Jahren ist der heute 44-Jährige zum ersten Mal wieder in Dessau. Viele Jahre träumte er von einer Tour mit seiner Vespa vom Rhein an die Spree - immer die Landstraßen entlang und der Nase nach.

Andere pilgern auf dem Jacobsweg, Volker Kuhnert pilgerte gen Osten

In diesem Sommer hat er seinen Sommerdämonen besiegt, lacht Kuhnert über sich selbst. Andere pilgern auf dem Jacobsweg, er pilgerte gen Osten und startete mit dem italienischen Moped von seiner Heimatstadt Ludwigshafen nach Berlin mit Zwischenstopps in Dessau-Roßlau.

Am Montag sitzt der 44-Jährige Berufsschullehrer in einem Café in der Stadt, die er als 18-Jähriger wegen einer Liebe ein Jahr lang an fast jedem Wochenende besuchte. Begleitet wird der Vespa-Fahrer von Nils Nager, dem Maskottchen der Rheinpfalz-Zeitung. Am Ende ihrer Reise von Ludwigshafen nach Berlin haben die Beiden vor, über ihre Erlebnisse eine Reportage zu schreiben.

Mit jeder Silbe sagt der Mann, er fühlt sich „sauwohl in Dessau“, obwohl ihm die Straßen in der Stadt leerer vorkommen als vor Jahrzehnten. Er habe unterwegs unglaubliche Dinge erlebt, viele Menschen kennengelernt und zwischen Eisenach und Berlin viele braune Schilder entdeckt.

Manches - wie der Pollingpark - habe sich überhaupt nicht verändert

Damit meint Kuhnert die Hinweistafeln auf Denkmale, schöne Aussichten - eben alles Kulturelle, was die Bundesländer zu bieten haben und Stätten, die nicht alle auf einer einzigen Tour besucht werden können. Fast am Ende seiner Reise, die er von Tag zu Tag, von Moment zu Moment plant und umplant, meint er, er sei unendlich dankbar für die vielen Erlebnisse und Erinnerungen.

Dazu gehört ein Besuch im pulsierenden Leipzig oder die Fahrt mit der Vespa an der Siegessäule vorbei hin zum Brandenburger Tor. Auch die Foto-Session am Checkpoint Charlie. Aber auch der Augenblick, als er nahezu durch Zufall den sowjetischen Ehrenfriedhof in Roßlau entdeckte und auch die Spurensuche in Dessau.

Manches kommt ihm hier bekannt vor. Manches - wie der Pollingpark - habe sich überhaupt nicht verändert. Besonders auf fällt ihm, dass die Tiefgaragen der Einkaufscenter in Ludwigshafen und Dessau die gleichen Sicherheitsanlagen, sogar vom gleichen Hersteller, haben.

„Das ist für mich gerade so wie ein bisschen Zurück in die Zukunft“

„Die Städte haben auf den ersten Blick die gleichen Probleme.“ Der Handel hat sich auf die grüne Wiese verzogen und manche Schaufenster in der Innenstadt bleiben leer. „Von ihrer Struktur her sind sich beide Städte sowas von ähnlich“, vermutet Kuhnert, dass Dessau vielleicht zu viel von Ludwigshafen gelernt haben könnte und deshalb die gleichen Fehler begangen hat. Seine Heimatstadt sei durch die Perlen im Grünen dennoch attraktiv, ähnlich wie Dessau mit dem Gartenreich.

Am Mittwoch ist die Vespa wieder Richtung Ludwigshafen gestartet. Mindestens ein Besuch stand noch auf der Agenda: Das Technikmuseum Hugo Junkers. Dass Volker Kuhnert erneut 27 Jahre wartet, um die Region zu besuchen, ist nahezu unwahrscheinlich. „Das ist für mich gerade so wie ein bisschen Zurück in die Zukunft“, schreibt er über seine Tour. (mz)