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Filmdreh in Schultheißbrauerei und Gärungschemie Filmdreh in Schultheißbrauerei und Gärungschemie: Detroit in Dessau

Von Heidi Thiemann 10.08.2015, 08:24
Während auf der Bahnstrecke der Zug vorbeifährt, wird auf einem Dach der Gärungschemie die nächste Szene für „Hard Way“ vorbereitet.
Während auf der Bahnstrecke der Zug vorbeifährt, wird auf einem Dach der Gärungschemie die nächste Szene für „Hard Way“ vorbereitet. Lutz Sebastian Lizenz

Dessau - „Ah, ist das heiß!“, flucht jemand. „Braucht ihr noch Sonnencreme?“, ruft ein anderer. Jemand liegt auf dem Boden. Ein anderer richtet die Kamera aus. Hier wird Schweiß von der Stirn getupft, da die Mineralwasserflasche förmlich aufgesogen, dort mit dem Fächer gewedelt. Dutzende Menschen schwirren scheinbar wie ein Bienenschwarm durcheinander auf einem Dach der Gärungschemie. Bis Daniel Vogelmann ruft: „Und Ruhe bitte!“ Umgehend kehrt Ordnung ein. „And action! And playback!“ Und Klappe 14-2, die Dritte, fällt. Die Musik geht an.

Bis nächsten Donnerstag ist Vogelmann mit seiner Filmcrew noch in Dessau. Es sind Studenten der Filmhochschule München, die hier etwas machen, von dem sie hoffen, dass sie die weltweit Ersten sind. Und zwar ein Action-Musical drehen. „Da muss gute Action erzählt werden, und es braucht super Songs“, sagt Vogelmann zum Film „Hard Way“, der eine Mischung wird aus Actionfilm und Musical. In dem geballert wird, aber auch gesungen und getanzt. „Ich will mir meinen Traum erfüllen, solch einen Film auf die große Leinwand zu bringen“, erzählt der Regisseur. Und so wird sein Traum, „Hard Way“, sein Abschlussfilm an der Hochschule für Fernsehen und Film München, genau wie für Kameramann Kaspar Kaven und Producerin Viktoria Cassens.

Dass die Münchener dafür nach Dessau gekommen sind, hat einen guten Grund. Oder besser gesagt zwei: Die alte Schultheißbrauerei und die Gärungschemie. „So eine Location hätten wir in München niemals finden können“, schwärmen der Regisseur und auch Producerin Cassens unisono. „Da wäre so etwas schon längst abgerissen worden oder saniert.“ Doch der marode Charme der Gebäude ist genau das, was sie suchten. Im Film ist das Ganze eine alte Reifenfabrik in Detroit, der totgesagten Geburtsstadt der US-Automobilindustrie. Und eben dieses Gebäude stürmt in „Hard Way“ Jake mit seinem S.W.A.T.-Team, um hier die gefährlichste Terroristin des Landes auszuschalten...

Das Actionmusical „Hard Way“ spielt in Detroit, der totgesagten Geburtsstadt der industriellen Automobilproduktion. Die Großstadt im Südosten des US-Bundesstaates Michigan gilt auch als eine der gefährlichsten Städte der USA. Die Verbrechensrate ist extrem hoch. Und so geht es in „Hard Way“ auch um Verbrechen, stürmen Jake und sein S.W.A.T.-Team eine alte heruntergekommene Fabrik und müssen dort die gefährliche Terroristin „The Mother“ ausschalten.

Das Drehbuch von „Hard Way“ geschrieben hat Daniel Vogelmann, der auch Regie führt. An der Kamera steht Kaspar Kaven. Die Musik stammt von Jakob Klotz. Produziert wird der Film von „Fireapple“. Die Produzenten Sebastian Bandel und Florian Gengnagel sind ebenfalls Absolventen der Hochschule für Film und Fernsehen München. Die Hauptrollen spielen Oliver Tompsett und Hannah Britland.

Geplant ist, „Hard Way“ auf Filmfestivals zu zeigen - zuerst in den USA und in Deutschland.

Doch wie wird Dessau zu Detroit? Vogelmann grinst: „Ganz einfach. Wir haben überall englischsprachige Schilder aufgehängt.“ Von Dessau - vielleicht ein Wermutstropfen für die Stadt - wird nichts zu erkennen sein im Film. Auch nicht, wenn die Kamera auf dem Dach der Gärungschemie über die Bahnstrecke in Richtung der Schrebergärten von „Westend“ und „Flora“ schwenkt. Im Film taucht da die Skyline von Detroit auf. Illusion auf ganzer Linie.

Doch genau so, wie sie Daniel Vogelmann sich vorgestellt hat. „Es läuft sehr, sehr gut“, sagt er noch, bevor der Umbau für die nächste Szene geschafft ist und die nächste Klappe für die nächste Einstellung fällt. Doch schon wieder heißt es kurz warten. Auf der Bahnstrecke nähert sich der nächste Zug. Mit der Ruhe ist es für ein paar Sekunden vorbei. „Doch damit muss man leben“, zuckt Producerin Cassens die Schultern, ehe wieder völlige Ruhe am Film-Set eintritt. Denn alles wird aufgenommen - nicht nur das Bewegtbild, auch der Ton.

Doch Deutsch wird dabei nicht gesprochen und gesungen. Actionfilm und Musical, sagt der Regisseur, seien typisch amerikanisch. Insofern ist es für ihn logisch, dass auch in englischer Sprache gedreht wird - zumeist mit Mutterspachlern. Zu dem 15-köpfigen Schauspielerteam gehören Amerikaner, Engländer und auch ein Schwede. „Schauspieler, die singen und tanzen können, die findet man am besten in London“, sagt Choreografin Isabella Blum. Und auch Tänzer wurden dort gecastet, die singen können, damit Action und Musical bestens verschmelzen.

Zwölf Drehtage insgesamt und für einen Außenstehenden einen Heidenaufwand braucht „Hard Way“, bis die letzte Klappe fällt. Gut 13 bis 14 Stunden am Tag sind Regisseur, Kameramann, Schauspieler, Kostüm- und Maskenbildner und und und am Set. „Wir haben nur ein schmales Budget“, sagt Daniel Vogelmann, „da muss man sehr viel an einem Tag schaffen.“ Sehr viel heißt im Endeffekt zwei bis drei Minuten Film als Tagesausbeute. Am Ende - im Februar oder März nächsten Jahres - wird ein dreißigminütiger Film seine Premiere haben. Auf Englisch, mit deutschen Untertiteln.

Doch noch muss dafür in Dessau geschwitzt werden. Am Set ist es heiß, die Sonne brennt erbarmungslos auf das Dach der Gärungschemie. „Die Sonne ist doch super für den Film“, sagt Daniel Vogelmann und lacht. „Wir wollen ja auch einen hitzigen Film erzählen.“ Aus Detroit in Dessau. (mz)

Filmszenen werden auch in der alten Brauerei gedreht. Der Hof wird im Film zum Detroiter Hochhausdach.
Filmszenen werden auch in der alten Brauerei gedreht. Der Hof wird im Film zum Detroiter Hochhausdach.
Sebastian Lizenz
Dass der Film nicht in Dessau, sondern in den USA spielt, das sollen auch die Werbeposter deutlich machen.
Dass der Film nicht in Dessau, sondern in den USA spielt, das sollen auch die Werbeposter deutlich machen.
Sebastian Lizenz