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Erfolgreiche Berater aus Dessau Berater im Hintergrund: "Railistics" aus Dessau steht weltweit Bahnfirmen zur Seite

Von Steffen Brachert 23.04.2018, 15:00
Im spanischen Valencia sind die Ingenieure von „Railistics“ bei der Inspektion einer Diesellok dabei.
Im spanischen Valencia sind die Ingenieure von „Railistics“ bei der Inspektion einer Diesellok dabei. privat

Dessau - Siegfried Möbius, die graue Eminenz des Dessauer Waggonbaus, ließ in der kleinen Runde nicht locker. „Nun sag schon, was deine Position dort ist.“ Guido Huke schüttelte den Kopf. „Wir helfen den israelischen Kollegen beispielsweise bei Ausschreibungen“, erklärte der Dessauer und blieb bewusst vage. Zu vage. „Er ist“, erklärte Möbius irgendwann vehement, „seit Jahren zentraler Fahrzeugberater der israelischen Eisenbahn.“

Die Dessauer Firma „Railistics“ lebt Zurückhaltung. Im Fürst-Leopold-Carré sitzend, gibt es im Erdgeschoss ein kleines Firmenschild und oben eine unscheinbare Milchglastür, hinter der sich eine Reihe von Büros befinden. Was hier passiert, musste Huke schon öfter erklären und hat deshalb einen Standardsatz parat: „Railistics optimiert den Eisenbahnbetrieb und begleitet Schienenfahrzeuge über das gesamte Fahrzeugleben.“

Und das weltweit. Aktuell wickelt man im Auftrag und in Kooperation mit der Deutschen Bahn gerade ein Großprojekt in Spanien und Saudi-Arabien ab. Der spanische Zughersteller Talgo soll beispielsweise mit 320 km/h durch die Wüste von Mekka nach Medina fahren. Mit Dessauer Hilfe.

„Railistics“ hilft, wenn es darum geht, Container auf dem günstigsten Weg von Rotterdam nach Genua zu bringen

„Railistics“ wurde nach der Gründung im Jahr 2001 im Dachkämmerchen eines Ärztehauses in der Bauhausstraße ansässig. Fünf Mitarbeiter waren es am Anfang, vier davon saßen in Wiesbaden. Es gab eine Idee: „Wir wollten Kenntnisse über Schienentransporte mit dem Wissen über Fahrzeuge zusammenbringen“, erklärt Huke. Der hatte nämlich festgestellt, dass viele nur eines von beidem können. „Unsere Kombination hat sich bis heute bewährt.“

„Railistics“ hilft, wenn es darum geht, Container auf dem günstigsten Weg von Rotterdam nach Genua zu bringen. Fährt man lieber durch Frankreich, wo die Streckenkosten billiger, die Anforderung an Lokführer aber höher sind. Oder ist doch der Weg durch Deutschland die preiswerteste Variante. „Railistics“ berät Bahnunternehmen, wenn neue Fahrzeuge gebraucht werden. Wie viele Fahrgäste sollen in welcher Taktung von wo nach wo gebracht werden - all das wird untersucht. „Am Ende bereiten wir die Ausschreibungen vor und machen auch einen Vergabevorschlag“, sagt Huke.

Und „Railistics“ übernimmt inzwischen auch die komplette Fuhrparkbewertung und dessen Controlling für Banken und Leasinggesellschaften, die immer häufiger als Finanzierer von Lok- und Waggonkäufen auftreten, aber natürlich von den Fahrzeugen selber weniger Ahnung haben. Es gibt inzwischen Monitoring Verträge, die laufen bis 2035. Das gibt Planungssicherheit - und lässt gleichzeitig das Fachwissen der Dessauer weiter wachsen.

Kunden wissen die Unabhängigkeit und die Neutralität der Dessauer Firma zu schätzen

„Wir überwachen mit eigenen Ingenieuren und Wertanalysten die vertragsgerechte Abwicklung der Kontrakte und die Wertentwicklung des Fuhrparks. In dieser Kombination sind wir in Europa sicher eines der führenden Unternehmen“, sagt Huke. Die Kunden wissen die Unabhängigkeit und die Neutralität der Dessauer Firma zu schätzen.

„Railistics“ ist mit den Jahren gewachsen. 50 Ingenieure werden inzwischen beschäftigt. Fünf Millionen Euro Umsatz wurden 2017 geschafft. In Dessau, Wiesbaden, Berlin und Tel Aviv gibt es eigene Büros. Lokale Vertreter sind in den Niederlanden, in der Türkei und in Rumänien aktiv. Und „Railistics“ will sich weiter entwickeln - und sucht dafür dringend Ingenieure aus der Schienenfahrzeugbranche. Die Anforderungen sind hoch. „Für uns“, gibt Huke zu, „werden meist erst die 35-Jährigen interessant. Wir brauchen unbedingt Leute mit Praxiserfahrung.“

„Railistics“ hat seit acht Jahren einen Rahmenvertrag mit der israelischen Eisenbahn

Auch für Projekte in Israel. „Railistics“ hat dort seit acht Jahren einen Rahmenvertrag mit der israelischen Eisenbahn und war in dieser Zeit unter anderem an der Entwicklung der Fahrzeug- strategie beteiligt. „Gerade haben wir an einer Ausschreibung für Elektrotriebzüge mitgewirkt“, berichtet Huke. Bis zu 900 Millionen Euro beträgt der Einkaufswert. Man kann Railistics wohl doch als wichtigen Berater bezeichnen.

Zuletzt hat darüber Oberbürgermeister Peter Kuras bei einem Firmenbesuch gestaunt. „Railistics ist ein Unternehmen, das man in der ganzen Welt kennt, aber nicht in Dessau“, sagte das Stadtoberhaupt kopfschüttelnd. Ganz unschuldig ist die Firma daran nicht. Auf der eigenen Homepage bleibt man diskret, die letzte offizielle Pressemitteilung stammt aus dem Jahr 2013. Zumindest optisch soll „Railistics“ aber bald sichtbarer in der Stadt werden. An einer Ecke des Fürst-Leopold-Carrés soll ein großer Firmenschriftzug angebracht werden. Der Kran ist bestellt. (mz)

Railistics-Chef Guido Huke (4. von links) beim Firmenbesuch von Oberbürgermeister Peter Kuras.
Railistics-Chef Guido Huke (4. von links) beim Firmenbesuch von Oberbürgermeister Peter Kuras.
Lutz Sebastian