Ein "richtiger" Mitarbeiter Aus der Arbeitslosigkeit in Dessau-Roßlau: Alexander Wilke wurde vom Minijobber zum Tischlergesellen

Dessau/Rietzmeck - Ruhig und akribisch arbeitet Alexander Wilke an seinem Auftragsstück, einem Peter-Lustig-Wohnwagen. Dass er dies mit Freude macht, ist ihm anzusehen.
Seit dem 1. Oktober ist Alexander Wilke vollwertiger Mitarbeiter der Tischlerei Arndt in Rietzmeck. Zuvor arbeitete der gelernte Tischler ein Jahr lang als Minijobber in diesem Unternehmen. Für zwei Tage im Monat hatte der Langzeitarbeitslose damit einen Zuverdienst von 100 Euro.
Die Arbeitsangebote als Tischler seien alle über Leihfirmen und als Montagetätigkeit gelaufen. „Das kam für mich nicht in Frage, da ich ein Kind habe“, erzählt der junge Mann. Dass aus seinem Minijob eine Vollbeschäftigung geworden ist, sieht der Roßlauer als Glücksfall. „Jetzt bin ich ein vollwertiger Mitarbeiter, bin vom Amt weg und kann eine Arbeit machen, die mir viel Spaß macht.“
„Viele Mini-Jobbende trauen sich eine reguläre Beschäftigung gar nicht mehr zu“
Wilke ist einer von 36 geringfügig Beschäftigten im SGB II-Bezug, die seit Juli eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen haben. Dank der Arbeit eines dreiköpfigen Teams von Arbeitsvermittlern im Jobcenter, das sich dieser Aufgabe widmet.
„Viele Mini-Jobbende sind festgefahren und trauen sich eine reguläre Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung gar nicht mehr zu“, schildert Andreas Pulst, einer der Vermittler im Projektteam.
„Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, sie über die Risiken eines Minijobs aufzuklären und ihnen Alternativen aufzuzeigen.“ Denn nach wie vor gilt, dass ein Minijob eine Beschäftigung für eine Übergangszeit sein sollte, aber keine Dauerlösung.
Minijobber bauen keine Verbindung zum Unternehmen auf
Risiken birgt die Beschäftigung von Minijobbern auch für die Unternehmen. Die Arbeitnehmer bauen keine Bindung zum Unternehmen auf, Qualifikationen sind schwierig und letztlich sind sie keine verlässliche Größe. „Wir beraten deshalb auch die Unternehmen intensiv und bieten Unterstützung“, so Pulst.
So kann der Mehraufwand, den die Umwandlung eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses in ein reguläres mit sich bringt, mit einem Eingliederungszuschuss des Jobcenters finanziell unterstützt werden.
„Das erleichtert die Entscheidung“, sagt Sebastian Arndt, Chef der Rietzmecker Tischlerei, aus Unternehmersicht. Er habe sich nicht getraut, einen weiteren Gesellen einzustellen, gibt er zu, „und deshalb lange mit Minijobbern gearbeitet.“
Eine echte Arbeitsstelle hat Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
„Alexander hat mich überzeugt, er hat in dem Jahr gezeigt, was er auf dem Kasten hat“, erklärt der Firmenchef, warum die Wahl auf den 35-jährigen Roßlauer fiel. Als sich die Tischlerei räumlich vergrößerte und das Auftragsvolumen im Hauptgeschäftsfeld Möbel- und Ladenbau stieg, „war die Zeit reif für einen zweiten Gesellen.“
Ein vollwertiger Mitarbeiter könne ein Minijobber nie sein, bestätigt Firmenchef Arndt die Auffassung des Jobcenters. „Ein ordentlicher Arbeitsvertrag ist für beide Seiten von Vorteil“, findet er. Wenn es leistbar ist.
„Oft ist die Auftragslage schwankend, da haben viele Unternehmer Angst vor der höheren finanziellen Belastung und sind sehr vorsichtig“, so die Erfahrung von Andreas Pulst. Dass es dennoch Vorteile hat, eine Fachkraft regulär einzustellen, das sei das Ziel seines Teams.
Minijob-Team im Arbeitsamt will feste Stellen vermitteln
Prinzipiell seien die Firmen dafür offen, so die Erfahrungen der ersten fünf Monate. „Aber es gibt einen großen Beratungsbedarf auf beiden Seiten.“
Von den 36 geschafften „Umwandlungen“ haben 53 Prozent im gleichen Unternehmen stattgefunden, der Rest habe seinen Minijob in einem anderen Unternehmen gegen ein reguläres Arbeitsverhältnis getauscht. (mz)
Das „Minijob-Team“ im Jobcenter kann direkt von den Kunden aufgesucht werden. Kontaktaufnahme und Terminvereinbarung unter Telefon 0340/ 5021215.
494 geringfügig Beschäftigte sind derzeit im Jobcenter Dessau-Roßlau gemeldet. Knapp 65 Prozent, 325 an der Zahl, sind zwischen 25 und 55 Jahre alt. Knapp 300 der Minijobber sind Frauen.
Schwerpunktbranchen für die geringfügige Beschäftigung sind der Handel, die Gastronomie, die Reinigung und auch das verarbeitende Gewerbe.
Minijobber verdienen weniger als 450 Euro im Monat und sind nicht sozialversichert. Sie bleiben vom Amt abhängig. Ansprüche auf Arbeitslosengeld und Rente werden nicht erarbeitet.