Schatzsuche in Bitterfeld Schatzsuche in Bitterfeld: Bernstein vom Goitzsche-Grund

Bitterfeld - Gleich mehrere Beutel mit gelben Schmucksteinen aus fossilem Harz legt Hans-Werner Müller auf den Tisch.
„Das sind alles Bitterfelder Bernsteine, die wir in den vergangenen Wochen vom Seeboden der Goitzsche gefördert haben“, sagt der Geschäftsführer der Eurasia Amber GmbH. Stolz zeigt er auf die vor ihm aufgetürmten Rohsteine - sortiert nach Größe und Farbe. Die Funde wecken Hoffnungen auf eine regelmäßige Förderung und den Bau einer Bernstein-Manufaktur.
Arbeitsinsel und Spezialtaucher
Mitte März hatten Müller und sein Team den mehrwöchigen Feldversuch von einer schwimmenden Arbeitsinsel inmitten der Goitzsche gestartet. Spezialtaucher saugten in etwa 25 Metern Tiefe am Seegrund mit einer Pumpe den Schluff ab - also den Feinboden. Ein Schlauch verband die Pumpe mit einer Siebmaschine. Oben auf dem Ponton wurde der Schluff vorgesiebt und später an Land genauer untersucht.
An diesem Freitag endet diese erste große Unterwasser-Expedition, bei der Müller nach eigenen Angaben geschätzte 20 Kilogramm der kostbaren Steine aus der Goitzsche geholt hat. „Das Ergebnis liegt zwar noch unter unseren Erwartungen, weil wir vorhaben, diese Menge pro Tag zu bergen“, zieht Müller Bilanz. „Aber wir haben mehrere wichtige Erkenntnisse gewonnen.“
24 Millionen Jahre alter Bernstein
Die Hauptfrage war: Kann man das „Gold der Goitzsche“ überhaupt noch bergen? Bis zu 24 Millionen Jahre ist der Bitterfelder Bernstein alt. Aus den Stämmen der Bäume in den Wäldern Mitteldeutschlands tropfte das Harz, das über viele Jahrtausende versteinerte. Vor 40 Jahren hatte in dem Tagebau zwischen Mühlbeck, Pouch und Bitterfeld die Bernsteinförderung begonnen.
Bis 1990 wurden 400 Tonnen verkaufsfähiger Bernstein herausgeholt. Doch seit der Flut von 2002 liegen die kartierten Vorkommen tief unter Wasser. „Wir haben nun aber den Beweis erbracht, dass ein Abbau im einzigen Bernsteinsee der Welt möglich ist.“ Klar sei allerdings jetzt auch: Wegen der Bodenbeschaffenheit des Goitzsche-Sees sei leistungsfähigere Technik erforderlich, sagt Müller. „Nach der Tourismussaison werden wir - entsprechend ausgestattet - im Herbst einen zweiten Anlauf unternehmen.“
Ein riesen Schritt
Mit im Boot wird dann erneut die für große Teile des Sees und Landflächen zuständige Goitzsche Tourismusgesellschaft - eine Tochter des See-Eigners Blausee GmbH - sein. „Wir haben bereits einen riesen Schritt gemacht“, sagt deren Geschäftsführer Ingo Jung. Das Verfahren zur Bernsteinförderung führe „zu keinerlei Verunreinigungen oder statischen Problemen“. Nun müsse man es schaffen, auch kostendeckend zu arbeiten.
„Wenn wir im Jahr 300 bis 500 Kilogramm herausholen, dann kann man über eine Bernstein-Manufaktur nachdenken“, sagt Jung. „Um touristisch zu punkten, wollen wir die Steine vor Ort fördern, vor Ort bearbeiten und vor Ort verkaufen.“ Sollten die erhofften Mengen an die Oberfläche gefördert werden, könne man voraussichtlich 2017 mit dem Bau der Manufaktur beginnen. Diese soll durch eine Bernstein-Ausstellung samt Multimedia-Show ergänzt werden. Verantwortlich dafür ist der Verein „Bernstein erleben“.
Fördermittelantrag wird gestellt
Dessen Vorsitzender Klaus Hamerla sagt: „Wir haben einen Fördermittelantrag für eine Machbarkeitsstudie gestellt.“ Werden die 40.000 Euro für dieses Papier bewilligt, lasse man untersuchen, welche touristischen Vermarktungsmöglichkeiten es für den Bernstein an der Goitzsche gibt und wie diese umgesetzt werden könnten. „Ich kann noch nichts Genaueres sagen“, so Hamerla. „Aber im besten Fall könnten die mehrere Millionen Jahre alten Schmucksteine für unsere Region das werden, was die Himmelsscheibe für Nebra bereits ist.“ (mz)