Pädagogik mit Bionda Pädagogik mit Bionda: Lernt man mit Hund besser?

köthen/Bitterfeld - „Es dauert nur noch 20 Minuten, dann habt ihr dieses Schuljahr geschafft.“ Roman Braemer, Lehrer am Köthener Förderschulzentrum „Samuel Hahnemann“, ruft seine Schützlinge noch mal zur Ordnung. Dabei ist die Aufregung von Gordon, Deniz, Felix, Tommy und Sergej durchaus verständlich, möchten sie doch endlich ihre Zeugnisse in den Händen halten. Dafür sorgt dann Klassenleiterin Kerstin Pabst. Für jeden Jungen hat sie ein paar persönliche Worte parat, spendet viel Lob, spart aber auch nicht mit Hinweisen, was dieser oder jener im nächsten Schuljahr noch besser machen sollte. Das Wichtigste aber: Alle haben das Klassenziel erreicht, aus der jetzigen Klasse 3/4 wird nach den Sommerferien die Klasse 5.
Nur fünf Schüler in einer Klasse - das hat seinen Grund. Die Zehn- und Elfjährigen aus Bitterfeld, Köthen und Elsnigk bilden eine spezielle Klasse für Kinder mit Förderbedarf in emotionaler und sozialer Entwicklung. „Es sind normal intelligente Kinder, die auch das Zeug haben, einen Regelschulabschluss zu schaffen. Doch es sind auch Kinder mit Auffälligkeiten“, beschreibt Kerstin Pabst ihre Schüler.
So können sie sich in größere Gruppen schlecht einordnen, rasten bei Konflikten schnell aus, werden laut, gehen schon mal auf andere los, haben keine Strategie, um Konflikte zu lösen. Aus diesen Gründen seien sie aus ihren früheren Klassen herausgelöst worden, damit in kleinem Kreis daran gearbeitet werden kann, das emotionale und soziale Verhalten stärker auszuprägen.
Seit drei Jahren an der Schule
Es ist die erste derartige Klasse an der Hahnemann-Schule. Und die intensiven Bemühungen der Pädagogen um jeden der fünf Jungen haben Früchte getragen. So schätzt es die Klassenleiterin ein. „Sie können sich jetzt ihre Meinung sagen, ohne sich zu beleidigen. Sie haben gelernt, Kritik zu ertragen. Und waren sie vorher kleine Einzelkämpfer, so sind sie jetzt zu einer Gruppe zusammengewachsen“, sagt die Pädagogin.
Zum Erfolg mit beigetragen hat auch ein Vierbeiner: die Hündin Bionda. Die neunjährige Golden Retriever-Hündin wurde zum Schulhund ausgebildet und ist seit drei Jahren in der Hahnemann-Schule im Einsatz. In diesem Schuljahr war sie fast ausschließlich in der Spezialklasse 3/4 im Einsatz und hat die Herzen der Jungen schon in den ersten Unterrichtsstunden erobert.
Nach Ferien wird Klasse größer
Geführt wird Bionda von Marion Klenner. Sie ist pädagogische Mitarbeiterin, ihr gehört die Hündin. „Von Hunden geht eine positive Wirkung aus. An vielen Schulen sind sie schon im Einsatz. Ich habe mit unserer Schulleiterin darüber gesprochen. Und sie war sehr offen gegenüber diesem Thema“, schildert Marion Klenner, wie Biondas Einsatz zustande kam.
„Schon die bloße Anwesenheit des Hundes führt dazu, dass es in der Klasse ruhiger ist“, berichtet Frau Klenner. Bionda spüre auch, welchem Kind es gerade nicht so gut gehe. „Da legt sie sich neben den Schüler und ist einfach bei ihm.“ Der Hund überbringt den Schülern auch Aufgaben. So nimmt er einen großen Würfel in sein Maul und bringt ihn zu den Kindern. Die greifen in den Würfel, wo auf einem Zettel eine Aufgabe vermerkt ist. Bionda wird auch zum Zuhörer, wenn ein Schüler beispielsweise Probleme hat, vor der Klasse etwas vorzulesen. „Aber dem Hund etwas vorlesen, das klappt“, schildert Marion Klenner.
Läuft es mal nicht so gut mit der Disziplin, will absolut keine Ruhe einkehren, verlassen Marion Klenner und Bionda das Klassenzimmer. Das löst bei den Schülern dann Betroffenheit aus. „Ist der Hund nicht da, vermissen sie ihn schon“, so die pädagogische Mitarbeiterin. Hat sich das Verhalten der Jungen wieder verbessert, halten sie die Regeln ein, ist auch Bionda wieder mit von der Partie.
Im Laufe des Schuljahres legten die fünf Schüler auch einen Hundeführerschein ab und lernten dabei, Verantwortung für den Hund zu übernehmen.
Nach den Sommerferien erhält die Spezialklasse noch Verstärkung mit drei weiteren Schülern aus Bitterfeld. Kerstin Pabst ist zuversichtlich, dass auch die neuen Schüler den Hund mögen werden. Denn Bionda bleibt der Klasse erhalten. „Ich bin aber mit meinem Hund auch in anderen Klassen, beispielsweise beim Biologieunterricht“, betont Marion Klenner. Erklärtes Ziel der Pädagogen ist es, die Schüler ihrer Spezialklasse so fit zu machen, dass sie wieder in die Regelschule zurück können. „Wir wollen sie in der siebten Klasse zurückgeben. Das haben wir uns fest vorgenommen“, so Kerstin Pabst. (mz)